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Verfasser: Markus Leitner, aktualisiert am 19.10.04 um 22:17 Uhr

BRK-Bergwacht-Bereitschaft Bad Reichenhall blickt auf ihr einhundertstes Einsatzjahr zurück und ehrt verdiente Mitglieder

BAD REICHENHALL (ml) – Hohes Ansehen und eine optimale Einbindung ins öffentliche Leben genießt die Bergwacht-Bereitschaft Bad Reichenhall, denn rein ehrenamtliches Engagement bei zeitaufwändigen Ausbildungen und bei teils extrem gefährlichen Einsätzen, sowie eine Einsatzbereitschaft rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, lösen Bewunderung und Hochachten bei der Bevölkerung aus. Neben insgesamt 32 Einsätzen und 3.927 Ausbildungsstunden feierten die Bergwacht-Männer im vergangen Jahr mit einer Ausstellung im Alten Feuerhaus auch das hundertjährige Jubiläum der organisierten Bergrettung in Bad Reichenhall. Ein weiterer Höhepunkt war die Premiere des Films über den „Staufen-Fex“ des Kameraden Fritz Eberlein, der bei seiner Arbeit von Helmut Rieser und Edi Schmid unterstützt wurde. Obwohl der Zusammenhalt der insgesamt 62 aktiven Mitglieder sowohl im Einsatz als auch kameradschaftlich nicht zu übertreffen ist, macht sich Bereitschaftsleiter Dr. Bernhard Lauber ernsthafte Sorgen um den Nachwuchs, da der Altersdurchschnitt mittlerweile bei 43,2 Jahren liege und nur wenig neue junge Menschen für den Einsatz im Gebirge zu begeistern sind. Dem gegenüber stehen zusammen 175 Jahre aktive Bergrettung, für die die Kameraden Sepp Ertl, Alfred Nurbauer, Franz Schmied und Peter Windstoßer bei der Jahreshauptversammlung mit dem Ehrenzeichen der BRK-Bergwacht ausgezeichnet wurden.
Nicht die Einsätze seien die große Belastung für die Freiwilligen, sondern die ständige Bereitschaft, rund um die Uhr, das ganze Jahr über, so Bereitschaftsleiter Dr. Bernhard Lauber. Sein Dank richtete sich in erster Linie an alle Freiwilligen, aber auch an die interessierte Öffentlichkeit und die Unterstützung von allen Seiten, ohne die die professionelle Arbeit seiner Gruppe nicht möglich wäre. Der Name Bergwacht öffne Tore, wenn es um die Beschaffung von Spenden ginge, meinte Lauber und gab dabei das Versprechen ab, mit diesen Geldern stets sorgsam umzugehen.
Insgesamt wurde die Bergwacht Bad Reichenhall im Jahr 2002 37 mal alarmiert, wobei fünf Fehleinsätze auftraten. Der Schwerpunkt lag in den Sommermonaten, und die Mehrzahl der Alarme ging in der Zeit zwischen 10 und 19 Uhr ein. Die meisten Notfälle waren mit zehn Einsätzen im Lattengebirge, gefolgt von Staufen und Reiteralpe mit jeweils fünf. 14 mal wurde Hubschrauberunterstützung benötigt, wobei neben Christoph 14 auch Maschinen des Bundesgrenzschutzes aus Oberschleißheim, der Polizei, der Bundeswehr und vom ÖAMTC aus Salzburg und St. Johann im Pongau angefordert wurden. Patienten mit Frakturen, Luxationen, Schädel-Hirn-Trauma oder sogar Polytrauma wurden in 16 chirurgischen Einsätzen versorgt und geborgen. Bei insgesamt 10 Einsätzen wurden 18 Personen nach teils längerer Suche aus Bergnot gerettet, bei zwei weiteren internistischen Notfällen konnte nach einem Herzinfarkt jeweils nur noch der Tod des Patienten festgestellt werden. Manche Erlebnisse gehen den Helfern tief unter die Haut, wie im vergangenen Juli der Tod einer 30jährigen Frau auf der Nordseite der Reiteralpe, die nach einem Sturz ins Seil schwer verletzt in den Händen der Helfer verstarb. Bei der Bergung eines ebenfalls schwer verletzten Motorradfahrers im September musste der Rettungsdienst unterstützt werden. Einen Einsatz hatte auch die Canyoning-Gruppe, der Mitglieder von Wasserwacht und Bergwacht angehören. Als in der Nacht zum ersten September im Landkreis der große Regen einsetzte, musste eine vierköpfige Familie von ihrem Zeltplatz in der Speik gerettet werden. Zusammen mit einer SAR-Maschine der Bundeswehr aus Landsberg wurde auch ein Nachteinsatz im November vom Lenzenkaser 2 auf der Reiteralpe ins Krankenhaus Traunstein bewältigt.
Laubers Dank ging an die am Einsatz beteiligten Organe, wie die Rettungsleitstelle in Traunstein, die Bergbahn Betreiber, die Feuerwehr, den Rettungsdienst, die Polizeiinspektion, die Standortverwaltung, die Bundeswehr und die Wasserwacht, die zusammen mit der Bergwacht in der Canyoning-Gruppe aktiv ist. Ebenso habe die optimale Zusammenarbeit mit den Betreibern der Hubschrauber-Stationen, wie Bundesgrenzschutz, Polizei und Bundeswehr neben der intensiven Ausbildung immer zum reibungslosen Einsatzablauf beigetragen und für ein unfallfreies Einsatzjahr gesorgt.
Mit einer Gedenkminute wurde den Verstorbenen gedacht. Der aktive Bergwacht-Mann Rudi Schier starb am 11. März im Alter von 63 Jahren an einer Lungenembolie in Folge einer Operation. Als Gönner der Bergwacht starben im vergangenen Jahr auch Hauptmann a. D. Dieter Köster von der Aktion „Soldaten helfen“ und Edeltraud Wenzel, die der Bereitschaft ein Vermögen hinterließ. Ständig seien aber auch die Bundeswehr, die Kur-GmbH sowie die Damen des Ostermarktes von St. Nikolaus um das finanzielle Wohl der Bergwacht mit Spenden bemüht.
Neben den 32 Einsätzen leisteten die Freiwilligen auch einen Vorsorgedienst beim Hinterstoisser-Lauf und beim Schirennen auf dem Predigtstuhl. Oftmals kam bei öffentlichen Veranstaltungen die Kletterwand zum Einsatz, die hauptsächlich von den Kindern angenommen wurde. Beim Ferienprogramm der Stadt Bad Reichenhall arbeitete die Bergwacht ebenfalls mit. Zusammen mit den Bergwacht-Bereitschaften Freilassing und Teisendorf wurde der Götschen-Lift mit einer Schiwacht betreut und zahlreiche Naturschutzstreifen durchgeführt. Die beiden anderen Bereitschaften stehen der Bergrettungswache Bad Reichenhall wochenweise zusätzlich auch bei Einsätzen zur Verfügung. Im Juni fand mit einer Ausstellung im Alten Feuerhaus der Festakt zum hundertjährigen Jubiläum der organisierten Bergrettung in Bad Reichenhall statt und machte viele Bürger auf das enorme Aufgabenspektrum der Ehrenamtlichen aufmerksam.
Nur im Zusammenspiel von Jung und Alt seien alle anstehenden Aufgaben stets zu bewältigen, wobei jeder einzelne enorm wichtig ist, so Lauber. Deshalb steht auch die Gemeinschaft mit gemeinsamen Touren, Zusammensitzen, dem Bergwachtkranzl und der Sonnwendfeier immer im Mittelpunkt und stärkt die Gruppe. Für seine gute Arbeit dankte Lauber seinem Stellvertreter Markus Goebel, der im Dezember sein Amt auf eigenen Wunsch niederlegte.
Besorgt sehen die Bergwacht-Männer in die Zukunft, denn die Altersstruktur der Aktiven weist einen deutlichen Mangel an Nachwuchs auf. Mit insgesamt 62 aktiven Mitgliedern liegt der Durchschnitt bei 43,2 Jahren, wobei nur 10 Männer jünger als 30 sind. Gesucht werden daher junge Leute, die bereits selbstständig klettern, gut Ski fahren und bereit sind, sich in ihrer Freizeit für die Bergrettung zu engagieren.
In 33 Ausbildungsveranstaltungen im vergangenen Jahr waren durchschnittlich 34 Mann anwesend, wobei das Spektrum von Sommer- und Winterausbildung über Sanitätsausbildung bis hin zur Schulung an den verschiedenen Hubschraubertypen reichte, wie Ausbildungsleiter Manfred Halter erklärte. Zwar ist meist immer einer der drei Ärzte oder vier Rettungsassistenten der Bereitschaft mit am Einsatzort, dennoch muss der Bergwacht-Mann als Ersthelfer jeder Situation gewachsen sein. Seit kurzem wird auch ein Frühdefibrillator (AED) in der Ausrüstung mitgeführt, wobei die ersten zehn Helfer bereits auf das Gerät eingewiesen sind. Vieles wie die zeitaufwändige Ausbildung auf dem Berg findet abseits der Öffentlichkeit statt und wird kaum wahrgenommen. Umso beeindruckender ist es, dass in der Ausbildung allein im Jahr 2002 3.927 ehrenamtliche Stunden geleistet wurden, um die Sicherheit durch ein eingespieltes Team bei gefährlichen Manövern, wie dem Bergetaueinsatz mit Hubschrauber, auf ein Maximum zu erhöhen.
Den Dank der Gäste und Einheimischen, die sich immer auf die Bergwacht verlassen können, überbrachte Oberbürgermeister Wolfgang Heitmeier, der ebenso sein Lob für eine super Zusammenarbeit der Organisationen untereinander aussprach. Der Bergwacht-Dienst sei eine riesengroße Leistung, da die Freiwilligen immer wieder an ihre persönlichen Grenzen stoßen.
Dass manche der Einsätze schlecht ausgehen hätten können aber trotzdem glimpflich verliefen, bemerkte Polizeihauptkommissar Helmut Hasl, der seinen „Verbindungsoffizier“ und stellvertretenden Bereitschaftsleiter der Bergwacht Bad Reichenhall, Helmut Lutz lobte und den eigenen Ruhestand im Jahr 2003 ankündigte. Als Vertreter der Bundeswehr dankte Dr. Noreisch von der Tragtierkompanie für die gute Zusammenarbeit und überbrachte Grüße von den Kameraden im Kosovo, die einen Brief für die Bergwacht verfasst hatten. Zwar sei der Haupterlös der letzten Stallweihnacht der geschädigten Familie vom Brand in Oberjettenberg zugute gekommen, dennoch konnten auch der Bergwacht 500 Euro übergeben werden. Nach alter Bergwacht-Tradition wurden die Gäste und Mitglieder zu einer gemütlichen Brotzeit ins Stüberl eingeladen.

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Für ihre langjährige aktive Mitarbeit in der Bergwacht-Bereitschaft Bad Reichenhall wurden vier verdiente Mitglieder geehrt: Bereitschaftsleiter Dr. Bernhard Lauber (links) und sein Stellvertreter Helmut Lutz (Vierter von Links) überreichten Peter Winstoßer (40 Jahre, Goldenes Ehrenzeichen der Bergwacht Bayern), Franz Schmied (25 Jahre, Silbernes Ehrenzeichen), Alfred Nurbauer und Sepp Ertl (beide 60 Jahre, Goldenes Ehrenzeichen mit Eichenlaub, von Links) die Auszeichnungen vom Vorsitzenden der Bergwacht Bayern, Alois Glück.
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Im Rahmen des breiten Ausbildungsprogramms im Jahr 2002 wurde auch mehrmals die Windenbergung in Zusammenarbeit mit SAR-Mannschaften der Bundeswehr geübt. Ausgehend von der Steiner Alm wurden verschiedene Ziele auf der Staufen-Nordseite angeflogen, wo Bergwacht-Männer am Seil zur Bergung abgewincht und mit Patienten wieder aufgenommen wurden.
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Zu einer Suchaktion nach einem abgestürzten Gleitschirmsegler im Lattengebirge startet ein Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes vom Typ EC 155. An Bord sind Männer der Bergwacht-Bereitschaft Bad Reichenhall, die mit ihren guten Ortskenntnissen den Piloten bei der Suche unterstützen und für eine Bergungsaktion mit der Winde des Hubschraubers bereitstehen.
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Der Rettungshubschrauber Christoph 14 im Anflug auf das Krankenhaus Bad Reichenhall. Direkt aus der Schlegelrinne im Lattengebirge wurde am 6. April des vergangenen Jahres ein verunglückter Schifahrer mit einer schmerzhaften Hüftluxation zusammen mit dem Notarzt am Bergetau ausgeflogen.
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Im Rahmen der insgesamt 3927 Ausbildungsstunden im Jahr 2002 trainierten die Männer der Bergwacht-Bereitschaft Bad Reichenhall auch das optimale Zusammenspiel zwischen Pilot, Bordtechniker und Bergwacht-Mann am Bergetau. Im Bild zusammen mit der Mannschaft des Rettungshubschraubers Christoph 14 aus Traunstein.