Bewertung:  / 0
SchwachSuper 

Verfasser: Markus Leitner, aktualisiert am 19.8.04 um 12:32 Uhr

Angenommene Tankexplosion im Betonwerk Aicher - Gemeinsame Übung der BRK-Schnelleinsatzgruppe

FREILASSING (ml) – Rauch steigt in den frühen Abendstunden über dem Betriebsgelände des Betonwerks Aicher im neuen Freilassinger Industriegebiet auf, nachdem mehrere heftige Explosionen über weite Entfernung zu hören waren. In der Ferne ertönen die ersten Martinshörner, während am Betriebsgelände im dichten Rauch die Schreie von Verletzten einen ersten Eindruck vom Ausmaß des Unfalls vermitteln. 16 THW-Helfer, zwei Notärzte und 12 BRK-Sanitäter der BRK-Schnelleinsatzgruppe Freilassing/Laufen übten in einem realitätsnah gestellten Szenario die organisationsübergreifende Zusammenarbeit bei der Bewältigung eines größeren Schadensereignisses. „Die Schwierigkeit besteht darin, mit wenig Personal die anfängliche Chaosphase eines solchen Unglücks zu überwinden und von Beginn an richtig zu planen. Von den ersten Entscheidungen ist der gesamte Einsatzerfolg abhängig.“, so der Leiter der BRK-Schnelleinsatzgruppe Freilassing/Laufen, Thomas Weschler, der mit Bewunderung die Leistungen seines jungen Teams verfolgte. THW-Zugführer Michael Bolze ist ebenfalls stolz auf seine Truppe, der sehr viele neue Mitglieder angehören, die in allen Bereichen der technischen Rettung hervorragende Zusammenarbeit bewiesen haben.
Mit zwei Rettungswagen und einem Arzttruppwagen wurden die ehrenamtlichen Rotkreuzler zeitgleich mit dem Technischen Hilfswerk alarmiert, das mit fünf Fahrzeugen vom Lager in Mitterfelden ausrückte. Angenommen wurde eine Tankexplosion mit rascher Brandausbreitung und acht schwer verletzten Arbeitern, die von Mitgliedern des Jugendrotkreuzes Freilassing gemimt wurden.
Wie bei einem realen Ereignis traf zuerst ein Rettungswagen am Unfallort ein und begann mit der Sichtung der Verletzten. Laut Übungsleiter Michael Geiger vom Roten Kreuz Freilassing ist bei einer größeren Zahl von Patienten entscheidend, dass das ersteintreffende Fahrzeug nicht mit der Versorgung eines Betroffenen beginnt und diesen abtransportiert, sondern zunächst die Einsatzleitung übernimmt und das gesamte Ausmaß eines Unfalls analysiert. Patienten müssen registriert und weitere Kräfte über die Rettungsleitstelle nachgefordert werden. Nur so kann verhindert werden, dass Schwerverletzte erst nach Leichtverletzten versorgt werden. Zeichnet sich zudem eine Eigengefährdung für die Helfer ab, wie es bei der Übung aufgrund der Explosionsgefahr der Fall war, so ist äußerste Disziplin gefragt, auch wenn im Gefahrenbereich die Schreie von Verwundeten zu hören sind. Ohne Schutzausrüstung können die Rotkreuzler nicht zu den Verunfallten vordringen. Erst als die THW-Helfer unter Atemschutz den Entstehungsbrand gelöscht hatten, konnte ein weiterer Trupp Sanitäter mit der Versorgung der Verletzten beginnen. Der Verbandsplatz mit zwei Fahrzeugen und einem aufblasbaren Zelt wurde in einiger Entfernung hinter einer Containerwand errichtet, um die Gefahren durch eine drohende Explosion auf ein Minimum zu reduzieren. Laut SEG-Leiter Thomas Weschler ist die Planungsphase zu Beginn entscheidend für den gesamten Einsatzverlauf. Auch wenn das Chaos bei einem Großschadensereignis keine klare Analyse der Situation ermögliche, sei es absolut notwendig, einen kühlen Kopf zu bewahren und den Umständen angepasste Entscheidungen zu treffen.
Jeder ehrenamtliche Retter will helfen und steht unter Druck, wenn er aufgrund eines Gefahrenbereichs nicht zu den Patienten vordringen kann. Als die Versorgung der Verletzten bereits im vollen Gange war, löste das Technische Hilfswerk erneut Alarm aus, als bei Messungen eine anhaltende Explosionsgefahr festgestellt wurde. Alle Helfer hatten das Gebiet umgehend zu verlassen. „Es ist für keinen von uns einfach, eine verwundete Person, zu der man bereits einen Kontakt aufgebaut hat, in der Gefahrenzone zurücklassen zu müssen.“, meinte Übungsleiter Michael Geiger. Trotzdem ist die Disziplin der Helfer in solchen Fällen von entscheidender Bedeutung, um weiteren Schaden zu vermeiden und das ohnehin bereits vorhandene Chaos nicht weiter auszudehnen. Nach der Beseitigung des gefundenen Sprengstoffs durch die Fachkräfte des THWs arbeiteten beide Organisationen Hand in Hand bei der Versorgung und Bergung der schwer verletzten Arbeiter. Mit dem Schleifkorb mussten drei Patienten über einen steilen Abhang geborgen werden. Auch das Kranfahrzeug des THWs leistete hervorragende Dienste, um die Verwundeten von den schlecht zugänglichen Stellen im Hang zu bergen. Die einbrechende Nacht erschwerte besonders die Arbeiten der beiden Notärzte, wobei deutlich wurde, wie wichtig eine Routinearbeit des THWs, wie das Ausleuchten einer Einsatzstelle, sein kann. Ebenso wie die Lastenbergung wurde der Umgang mit dem hydraulischen Rettungssatz geübt, als eine eingeklemmte Person befreit werden sollte. „Sowohl die Zusammenarbeit innerhalb der Zugstruktur des Technischen Hilfswerks als auch mit den Rotkreuzlern war mehr als vorbildlich.“, lobte Zugführer Michael Bolze bei der abschließenden gemeinsamen Brotzeit im BRK-Haus Freilassing.