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Verfasser: BRK-Kreisverband Berchtesgadener Land & BRK-Landesgeschäftsstelle München, aktualisiert am 29.1.13 um 10:52 Uhr

„Tue Gutes und rede darüber“ - das Rote Kreuz in der Öffentlichkeit

Aufgrund der aktuellen negativen Berichterstattung über die Pressearbeit des Roten Kreuzes im Berchtesgadener Land stellen wir hier unsere Positionen dar und bieten jedem die Möglichkeit, sich über die Hintergründe zu informieren.

„Angriff durch freie Bildermacher“

In mehreren Rundfunk-, Fernseh- und Print-Veröffentlichungen wurde in jüngster Zeit die bewährte Praxis unserer Pressearbeit kritisiert und scharf angegriffen. Diese Berichte sind initiiert von einer kleinen, weit verstreuten Gruppe einzelner freier Bildberichterstatter, die nach unseren Erfahrungen nicht etwa das Unfallopfer mit seinem Schutzrecht auf Anonymität im Blickpunkt haben, sondern ausschließlich ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen beim Verkauf von Fotos und die ein großes Interesse daran haben, aus ihrer Sicht unliebsame Konkurrenz auszuschalten.

Aus unserer Sicht ist es bedauerlich, wenn sich neutraler Journalismus und öffentlich-rechtliche Medien für derartige Interessen einiger weniger Bildberichterstatter instrumentalisieren lassen. Wir haben uns während der vergangenen Jahre bewusst nicht wertend in diese einseitige Diskussion eingemischt und unsere Arbeit auch nicht verteidigt, obwohl teilweise mit sehr unfairen Methoden gearbeitet und ohne Gegenrecherche falsche Tatsachenbehauptungen verbreitet wurden.

Die Medien müssen aus unserer Sicht selbst entscheiden, wie sie arbeiten, mit wem sie zusammenarbeiten und ob diese Praxis ethisch vertretbar ist oder ihrem Berufsstand schadet. Unsere ehrenamtlichen Helfer waren und sind hier regelmäßig massiven Angriffen einzelner freier Fotomacher ausgesetzt, die nach unserer Einschätzung die Tatbestände der Verleumdung, des systematischen Mobbings und Verletzungen des Rechts am eigenen Bild (§22 KunstUrhG) erfüllen. Kritische Berichterstattung der Medien ist wichtig und auch angebracht. In den jüngst veröffentlichten Beiträgen wurde aber zum Teil sehr emotional und völlig einseitig Stimmung gemacht und unterstellt, dass seitens des Roten Kreuzes schwere Rechtsverletzungen stattgefunden hätten (u. a. in Form von unterlassener Hilfeleistung, Verstoß gegen die Schweigepflicht, identifizierender Berichterstattung in Form von Bildern, sicherheitsgefährdendes Abbilden auf militärischem Gelände). Diese Vorwürfe weisen wir klar zurück.

„Amateure treten als Fotojournalisten auf“

„Das Fotografieren und Filmen polizeilicher Einsätze unterliegt grundsätzlich keinen Schranken. Auch Filmen und Fotografieren mehrerer oder einzelner Polizeibeamter ist bei aufsehenerregenden Einsätzen im Allgemeinen zulässig. Die Medien wahren die berechtigten Interessen der Abgebildeten und beachten insbesondere die Vorschriften des Kunsturhebergesetzes bei Veröffentlichung des Film- und Fotomaterials.“ (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz: Verhaltensgrundsätze für Presse/Rundfunk und Polizei zur Vermeidung von Behinderungen bei der Durchführung polizeilicher Aufgaben und der freien Ausübung der Berichterstattung, 29. April 1994).

Als die einsatzbegleitende Pressearbeit des BRK-Kreisverbandes Berchtesgadener Land vor rund einem Jahrzehnt aufgebaut wurde, gab es in unserer Region noch niemanden, der mit Einsatzfotos Geld verdienen wollte und mit Bildern zu jeder Tages- und Nachtzeit über unsere Arbeit berichtet hätte. Digitalkameras sind aber mittlerweile für jeden erschwinglich. Wir beobachten mit Sorge die Entwicklung, dass viele nicht ausgebildete Amateure dieses Geschäftsmodell entdecken, sich zu Gruppen zusammenschließen und ohne die notwendige Sorgfalt, ohne verifizierte Informationen und ohne Rücksicht auf Betroffene hunderte Fotos und Bewegtbild von tragischen Ereignissen veröffentlichten. Unsere Arbeit ist dabei durch nicht abhörsicheren Funk oft sehr transparent.

Recht auf Information

Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Information und Transparenz. Gerade in einer ländlich strukturierten Region wie dem Berchtesgadener Land, wo jeder jeden kennt und die Menschen auch in Notsituationen zusammenhelfen, bekommt die Bevölkerung unsere Arbeit oft hautnah mit, sieht, wenn der Rettungswagen mit Blaulicht zum Einsatz fährt oder der Hubschrauber über den Bergen kreist. Die Menschen wollen und sollen zeitnah erfahren, was passiert ist und was ihr Rotes Kreuz macht – sonst brodelt in einer Mixtur aus Verunsicherung, Angst und Neugier die Gerüchteküche. Eine stetige Berichterstattung in den Medien macht die Bedeutung und die Aufgaben des Roten Kreuzes für jeden sichtbar: Nicht nur die rund 15.000 Fördermitglieder und rund 1.000 aktiven Helfer im Landkreis sollen stets erfahren, was mit ihren Spenden passiert und wie ihre Hilfe ankommt.

Langjährige Praxis

Unsere Medienarbeit ist seit über einem Jahrzehnt fest in der Region etabliert: Nach dem Grundsatz „Tue Gutes und rede darüber!“ bemüht sich der BRK-Kreisverband Berchtesgadener Land, mit seiner Pressearbeit über die vielfältige Arbeit des Roten Kreuzes zu informieren und über zurückhaltende Helfer zu berichten, deren wichtige Tätigkeit sonst kaum einer und nur verzerrt wahrnehmen würde. Warum wir das machen? Weil wir die Unterstützung der Bevölkerung und der Politik brauchen und andere für unsere Sache begeistern wollen, damit sie auch aktiv mithelfen: Als Ersthelfer, der nicht wegschaut, als Ehrenamtlicher in unseren Gemeinschaften, finanziell mit einer Spende oder beruflich im Rettungsdienst oder Sozialdienst. Neben aufklärenden Hintergrundgeschichten zu oft schwierigen Themen wie beispielsweise Suizid, spannenden Reportagen, Berichten über Übungen, Neuerungen und Veranstaltungen geben vor allem die aktuellen Berichte zum Einsatzgeschehen unseren vielen ehren- und hauptamtlichen Helfern ein Gesicht und rechtfertigen den großen zeitlichen und finanziellen Aufwand, den wir für die Sicherheit und die Gesundheit der Menschen in unserer Region erbringen.

Opferschutz

„Wir reden darüber, was wir tun, nicht darüber, was wir sehen!“ Nach diesem internationalen Grundsatz der einsatzbegleitenden Medienarbeit des Roten Kreuzes versuchen wir, den Schwerpunkt unserer Berichterstattung so weit wie möglich auf die Arbeit der Helfer zu lenken. Wir können tragische Ereignisse nicht ungeschehen machen, aber mit der richtigen Wortwahl und der Hilfe als zentrale Aussage in unseren Berichten und Bildern das Positive betonen und hervorheben. Opfer und Verletzte rücken damit automatisch aus dem zentralen Focus der Aufmerksamkeit. So werden schützenswerte Interessen und Persönlichkeitsrechte gewahrt. Wir wägen in enger Abstimmung mit Einsatzkräften, Polizei und auch Betroffenen den Informationsanspruch der Öffentlichkeit gegen die schützenswerten, persönlichen Interessen der Betroffenen ab, so dass keine identifizierende Berichterstattung möglich ist und keine zusätzliche Traumatisierung stattfindet, aber das Wesentliche genau beschrieben wird. Das verlangt viel Feingefühl und Aufwand, ist aus unserer Sicht aber notwendig und zielführend; kein Einsatz ist dabei wie der andere. Grundsätzlich orientieren wir uns dabei an der zentralen Frage: „Wäre ich selbst als Betroffener mit Text und Bildern in dieser Form einverstanden?“

Speziell geschulte Mitarbeiter

Um die Presse- und Medienarbeit (PuMa) kümmern sich einzelne, speziell dafür geschulte und beauftragte ehrenamtliche Helfer, damit sich das Rettungspersonal voll und ganz dem Patienten widmen kann. Sie erarbeiten über die Einsatzberichterstattung hinaus auch Hintergrundgeschichten, sie berichten über Themen wie Altenpflege, Blutspende, Auslandshilfe oder Behindertenbetreuung, die sonst in den Medien völlig untergehen würden, da der Nachrichtenwert oder die Zeit für ausführliche Recherchen fehlen. Sie rücken bei größeren Einsätzen zusätzlich aus, helfen fachgerecht, wenn der Rettungsdienst noch nicht da ist oder Unterstützung braucht, sie sammeln vor Ort alle relevanten Informationen, stimmen sich gegebenenfalls mit anderen beteiligten Organisationen ab und fertigen Fotos an – unter strikter Wahrung aller Persönlichkeitsrechte von Unfallopfern oder Beteiligten. Warum Fotos? Weil ein Bild oft mehr sagt, als tausend geschriebene oder gesprochene Worte. Diese Fotos dienen der Dokumentation unserer Tätigkeit und der Aufklärung der Bevölkerung.

Kostenlose Information

Text und Bild als journalistisch aufbereitete Information bieten wir wie fast alle anderen Pressestellen von Organisationen, Ministerien oder Unternehmen kostenlos und nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz jedem an.

Finanzielle Mittel sollen nicht ausschlaggebend sein, ob und wie über ein Thema berichtet wird. Dass wir dabei in Wettbewerb zu freien Bildermachern treten, ist uns bewusst und lässt sich nicht vermeiden.

Wir stehen mit vielen unserer Leistungen, wie dem Rettungsdienst, dem Betreuten Fahrdienst, der Pflege alter und kranker Menschen, der Erste-Hilfe-Ausbildung und vielem mehr im freien Wettbewerb um Qualität und Preise mit privaten und anderen gemeinnützigen Anbietern. Dies unterscheidet uns von rein staatlich finanzierten Organisationen wie Polizei und Feuerwehr.

Unsere Pressearbeit wird im Gegensatz zu großen Unternehmen und Behörden ehrenamtlich verrichtet, wodurch keine Personalkosten entstehen. Wir setzen auch keine Spendengelder für die sehr geringen Unkosten ein.

Auf einer Augenhöhe mit den Partnerorganisationen

Wir arbeiten täglich Hand in Hand in gutem Einverständnis mit vielen Partnerorganisationen wie Feuerwehr, Technischem Hilfswerk (THW), Polizei oder Bundeswehr. Wir berichten bewusst neutral, objektiv und ohne Wertigkeit über die Arbeit aller am Einsatz Beteiligten, denn nur gemeinsam im Team sind wir wirklich leistungsstark.

Qualität ist uns dabei wichtiger als Quantität und Schnelligkeit, was berichtet wird, muss auch stimmen: Wir recherchieren unsere Texte genau und veröffentlichen keine Vermutungen und keine ungesicherten Daten. Das bedeutet, dass Presseauskünfte oft nur in schriftlicher Form nach genauer Recherche und Abstimmung mit anderen Organisationen möglich sind. In Interviews an Einsatzstellen innerhalb weniger Minuten verifizierte Informationen zu liefern, ist für uns nur in Ausnahmefällen möglich.

Unabhängiger Journalismus ist nicht gefährdet

Es ist ein Irrglaube, dass die Medien überhaupt nicht berichten würden, wenn sie vom Roten Kreuz keine Information bekommen würden. Das Rote Kreuz kann mit seiner Pressearbeit aber gezielt darauf einwirken, wie berichtet wird, die Interessen von Betroffenen und Helfern vertreten und dabei gleichzeitig dem Informationsanspruch der Öffentlichkeit gerecht werden. Dieses Grundrecht der Pressefreiheit nutzen wir wie viele andere Unternehmen, Behörden und Organisationen. Der unabhängige Journalismus ist dadurch nicht gefährdet, da unsere Aussendungen nur ein Angebot an die Medien sind, ohne jede Verpflichtung zur Veröffentlichung. Freie Berichterstattung wird dadurch gefördert, nicht behindert.

Wir wollen auf diese für uns wichtige Möglichkeit der aktiven Kommunikation nicht verzichten. Da wir bei unseren oft schwierigen Einsätzen mit oft sehr tragischen Ereignissen konfrontiert sind, die eine sehr sensible Arbeitsweise erforderlich machen, stellen wir an unsere Medienarbeit höchste Qualitätsansprüche, denen gerade einzelne freie Bildermacher ohne journalistische Ausbildung nach unserer und der Ansicht anderer an den diversen Einsätzen Beteiligten in vielen Fällen nicht immer zufriedenstellend gerecht werden.

Pressefreiheit als Grundrecht auch für Einsatzorganisationen

In Deutschland ist die Pressefreiheit in Artikel 5 des Grundgesetzes geregelt: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. […] Eine Zensur findet nicht statt.“ Dieses Grundrecht, unter anderem sich selbst und seine Arbeit darzustellen, steht ohne Frage auch den Einsatzorganisationen zu, die dabei natürlich schutzwürdige Persönlichkeitsrechte wahren (s.o.). Es wäre gewagt, es aufgrund von wirtschaftlichen Interessen einer kleinen Gruppe in Frage zu stellen oder auf irgendeine Weise einzuschränken. Die Berufsbezeichnung des Journalisten ist kein rechtlich geschützter Begriff und an keine bestimmte Ausbildung gebunden; auch Pressesprecher von Behörden, Organisationen und Unternehmen sind Journalisten, haben oft vergleichbare Qualifikationen.

„Zwischen den Fronten“

„Einem jeden Recht getan ist eine Kunst, die niemand leisten kann.“ Die Journalisten-Berufsgruppe hat viele Lager: Während die einen Text und Bild bei den Einsatzorganisationen gezielt nachfragen und unsere Pressearbeit wertschätzen (u.a. sämtliche regionalen Medien, viele freie Journalisten, Bayerischer Rundfunk, ORF, dpa, apa), wettern andere dagegen. Um den Ansprüchen der Medien gerecht zu werden, wurden während der letzten 15 Jahre Einsatzkräfte gezielt als Pressesprecher ausgebildet. Der aktuelle Konflikt mit einzelnen Bildermachern führt dazu, dass Polizei, Feuerwehr und andere Organisationen zwischen den Fronten stehen, sie werden zum Sündenbock gemacht. Die eigentliche Auseinandersetzung um das schnellste, billigste und beste Bild spielt sich zwischen den Verlagen und den unzähligen freien Fotografen ab, die offenbar von Jahr zu Jahr mehr werden und um das größte Stück vom Kuchen streiten. Kameras sind billiger denn je, der Berufszugang ist ohne jede Hürde für jeden Hobbyknipser möglich und an keinerlei Ausbildung gebunden, was sich vielerorts auch in der Qualität der Arbeit widerspiegelt. In Zeiten des „Bild-Leserreporters“ verwischen die Grenzen zusehends: Amateure lösen die ehemaligen Profis ab, weil gute Bilder durch neue und bezahlbare Technik für jeden mit ein wenig Übung machbar sind. Aktuell geht es nur um die Fotos, wann folgen die Texte, wann folgt das gesprochene Wort? Darf bald ein Pressesprecher keinen Bericht mehr schreiben, weil ein freier Schreiber Angst hat, qualitativ nicht mithalten zu können und mit seiner eigenen Leistung kein Geld mehr zu verdienen?

Ausblick

Wieso stellt jemand den freiwilligen Einsatzorganisationen ihr Grundrecht in Frage, sich selbst und ihre Arbeit in den Medien darzustellen, obwohl ihre Pressearbeit ehrenamtlich und damit nahezu kostenneutral verrichtet wird? Wo werden hier Spenden- oder Steuergelder verschwendet, wie in einseitiger und nicht belegter Berichterstattung behauptet?

Tagtäglich veröffentlichen hauptberuflich besetzte Pressestellen von Behörden, Organisationen und Unternehmen Bilder, perfekt vorformulierte Texte, Audioclips und sogar fertig geschnittene Videos und stellen sie kostenlos den Medien zur Verfügung. Die Presse ist trotzdem frei: Was veröffentlicht wird und was nicht, entscheidet letztendlich der Redakteur des jeweiligen Mediums selbst, nicht die Pressestelle, nicht die Einsatzorganisationen und auch nicht der Bildjournalist. Wenn diese Unabhängigkeit durch finanzielle Interessen gefährdet sein sollte, dann ist das nicht die Schuld der Einsatzorganisationen, sondern ein Problem der Medien.

Der Deutsche Journalistenverband (DJV) hat im Herbst 2012 mit seiner Berichterstattung und seiner Kampagne „Rettungsknipser“ nicht bedacht, dass hiervon fast ausschließlich Ehrenamtliche betroffen sind. Menschen die ihre Arbeit aus Überzeugung leisten und die, wie es immer so schön gesagt wird, angeblich das Rückgrat unserer Gesellschaft bilden. Dementsprechend groß ist nun die Betroffenheit unserer Helfer.

Aktionen einzelner Fotografen und die aktuelle Kampagne des DJV zielen unter die Gürtellinie, provozieren gezielt, ohne Rücksicht, um eine breite Aufmerksamkeit zu erregen und haben, es lässt sich nicht anders ausdrücken und sagen, Mobbing-Charakter. Das vielerorts gute Verhältnis zwischen Einsatzorganisationen und Presse leidet darunter.

Übung
Übung der BRK-Wasserwacht.
Der
Der Landrettungsdienst des Roten Kreuzes (Übungsfoto).
Einsatzübung
Einsatzübung der Bergwacht mit dem Traunsteiner Rettungshubschrauber.
Die
Die BRK-Bereitschaften üben die Versorgung einer Vielzahl an Patienten bei einem Großschadensfall.
Höhlenretter
Höhlenretter üben den schwierigen Abtransport eines Verletzten.