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Zwölf-Stunden-Einsatz mit 37 Bergrettern und vier Hubschraubern: Bergwacht transportiert schwer Verletzte aufwendig per Schrägaufzug zum Grat hinauf und seilversichert über das Hockeck in Richtung Watzmannhaus – dichter Nebel verhindert über acht Stunden lang Abtransport per Hubschrauber

RAMSAU – Eine 22-jährige Urlauberin aus Brandenburg hat am Samstagmorgen kurz nach 8 Uhr auf der Watzmann-Überschreitung zwischen Hocheck und Mittelspitze einen rund 50 Meter tiefen Absturz durch gestuftes Gelände auf ein Schneefeld überlebt. Drei andere Bergsteiger, zwei davon selbst Bergretter, seilten sich zu der Verunfallten hinab und leisteten Erste Hilfe. Dichter Nebel verhinderte über acht Stunden hinweg, dass die schwer Verletzte per Heli ausgeflogen werden konnte, weshalb ein Großaufgebot der Bergwacht die junge Frau liegend mit einem Schrägaufzug zum Grat hinauf und dann seilversichert durch das ausgesetzte Gelände über das Hocheck in Richtung Watzmannhaus transportierte, bis schließlich kurz nach 16.30 Uhr der Polizeihubschrauber „Edelweiß 8“ die Patientin und den Notarzt mit der Winde aufnehmen und nach Kühroint ausfliegen konnte. An dem zwölfstündigen sehr aufwendigen Einsatz waren unter anderem 37 Männer und Frauen der Bergwachten Ramsau, Berchtesgaden und Marktschellenberg und vier Hubschrauber beteiligt.

Als kurz nach 8 Uhr der erste Notruf einging, konnte die Besatzung des Traunsteiner Rettungshubschraubers „Christoph 14“ die Unfallstelle zunächst nicht finden, da der Watzmanngrat bereits im Nebel war und die Wolke langsam weiter sank. Die Besatzung brachte dann zwei Berchtesgadener Bergretter mit umfangreicher Ausrüstung von Schneewinkl aus zum Grat und setzte sie unterhalb des steilen Aufschwungs zur Mittelspitze schwebend über die Kufe ab. Die Retter stiegen weiter in Richtung Mittelspitze auf, konnten in Rücksprache mit anderen Bergsteigern die Unfallstelle finden, seilten sich dann sehr rasch bis zum Schneefeld auf der Ostseite ab und versorgten die junge Frau notfallmedizinisch. Ein direkter Anflug der Unfallstelle zum raschen Abtransport der schwer Verletzten war wegen der dichten Wolken nicht mehr möglich.

Die Bergwachten Ramsau und Berchtesgaden verlegten währenddessen ihre Zwischenlandeplätze vom Tal in der Ramsau und von Schneewinkl höher nach Kühroint, wobei im weiteren Verlauf auch beide Kerosin-Anhänger aus Berchtesgaden und Traunstein dorthin gebracht wurden. Zunächst noch „Christoph 14“ und danach die Besatzungen der Polizeihubschrauber „Edelweiß 2“ und „Edelweiß 8“ brachten im Shuttle-Verkehr weitere Einsatzkräfte der Bergwachten Ramsau, Berchtesgaden und Marktschellenberg auf den Berg und setzten sie so nah wie möglich an der Nebelgrenze ab, die immer weiter bis fast zum Watzmannhaus hinunter sank und trotz mehrerer vielversprechender kurzzeitiger Lücken jeden direkten Rettungsflug bis zur Patientin verhinderte.

Die Bergwacht und die Ersthelfer bauten einen Schrägaufzug auf und transportierten die notfallmedizinisch durch den Ramsauer Bergwacht-Notarzt und die Berchtesgadener Sanitäter erstversorgte 22-Jährige liegend rund 40 Höhenmeter bis zum Grat hinauf. Seilversichert durch das sehr ausgesetzte Gelände brachten sie die Bergretter dann ab 13.30 Uhr bis zum Hocheck und von dort aus hinab in Richtung Watzmannhaus – immer in der Hoffnung, dass sich der Nebel lichtet und ein Rettungsflug möglich wird. Die mit den Helis abgesetzten weiteren Retter gingen dem Rettungstrupp entgegen, versicherten die gefährlichen Abschnitte wie am Hochstieg und brachten dringend benötigte zusätzliche Ausrüstung zur Patientin. „Ein überlebensnotwendiges Medikament wurde mit dem Heli von der Kreisklinik Berchtesgaden an die Nebelgrenze geflogen und dann sozusagen im Staffellauf von unseren Leuten zur Patientin gebracht“, berichtet der örtlich zuständige Bereitschaftsleiter der Bergwacht Ramsau, Rudi Fendt.

Kurz nach 14 Uhr ließ der Ramsauer Einsatzleiter alle verfügbaren Kräfte der Bergwachten Ramsau, Berchtesgaden und Marktschellenberg nachalarmieren, da die Wolken-Situation nicht besser wurde und die schwer Verletzte weiter bodengebunden abtransportiert werden musste. Gegen 15 Uhr kam die Trage mit der Frau dann an der Hocheck-Hütte an – in Kühroint war zwischenzeitlich auch ein Transporthubschrauber der Bundespolizei mit Rettungswinde gelandet, mit dem die Verletzte dann zur Klinik gebracht werden sollte. Der Kriseninterventionsdienst (KID) der Bergwacht kümmerte sich um die betroffenen Begleiter, darunter auch der Vater und die Schwester der Abgestürzten, die mit der Bergwacht noch selbst bis zum Watzmannhaus abstiegen.

Gegen 16.30 Uhr, als bereits über dem Hagenbebirge ein Gewitter aufzog und es zu regnen angefangen hatte, riss der Nebel so weit auf, dass „Edelweiß 8“ von seinem Zwischenlandeplatz am Watzmannhaus aufsteigen, die Patientin und einen der beiden Bergwacht-Notärzte mit der Winde aufnehmen und nach Kühroint ausfliegen konnte. Von dort aus gings mit dem Transporthubschrauber der Bundespolizei direkt weiter zur Neuro-Klinik nach Salzburg. „Edelweiß 8“ flog wieder zum Watzmannhaus und brachte von dort aus im Pendel-Verkehr die abgestiegenen Einsatzkräfte und sogar noch die zunächst zurückgelassene Ausrüstung an der Mittelspitze zurück nach Kühroint. Da die Besatzung dann wegen des Wetters nicht mehr heimfliegen konnte, brachte sie Rudi Fendt in einer Pension in der Ramsau unter. Der aufwendige Einsatz dauerte bis 20 Uhr, wobei neben den drei Bergwachten des inneren Landkreises auch die sehr gut ausgebildeten Ersthelfer der Bergwacht Sulzbach-Rosenberg, der Grassauer Bergwacht-Notarzt, ein Krisenberater der Bergwacht Altötting und die Bergwacht Traunstein mit ihrem Kerosin-Anhänger im Einsatz waren. Fendt: „Ich bin seit Jahrzehnten bei der Bergwacht, aber immer noch hin und weg, denn so ein Einsatz schreibt Geschichte, da alle Beteiligten Unglaubliches geleistet und perfekt Hand in Hand zusammengearbeitet haben, damit die junge Frau trotz der extrem schwierigen Bedingungen überlebt. Wir haben unser Möglichstes getan und wünschen ihr und ihrer Familie ganz viel Glück – es wäre für uns alle die Krönung, wenn langfristig alles gut ausgeht!“

Gegen 13.50 Uhr, während des großen Rettungseinsatzes, brauchte ein verstiegener Mann am Königssee-Ostufer die Hilfe der Bergwacht: „Edelweiß 2“ brachte von Kühroint aus zwei Berchtesgadener Bergretter zum Ostufer, die den Mann fanden, über das absturzgefährliche Gelände abseilten und dann hinab zum Seeufer führten, wo die BRK-Wasserwacht den Unverletzten und die beiden Retter mit dem Boot abholte. Während der Rettung brauchten zwei weitere Leute am Ostufer die Ortskenntnisse der Bergwacht, da sie den Steig nicht mehr finden konnten.

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