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Verfasser: Markus Leitner, aktualisiert am 18.8.04 um 16:05 Uhr

Rettungsdienst-Fortbildung Teisendorf - ohne Bergwacht geht es nicht

TEISENDORF (ml) – In Zusammenarbeit mit der Freiwilligen Feuerwehr und der Bergwacht-Bereitschaft fand im Teerwerk in Englham bei Schönram eine Fortbildung der Rettungswache Teisendorf zum Thema „Höhenrettung“ statt. Mit zwei Rettungsdienst-Fahrzeugen, einem Bergrettungsfahrzeug und der Drehleiter aus Teisendorf wurde praxisnah vor Ort versucht, den gestellten Übungseinsatz mit allen Möglichkeiten gemeinsam zu bewältigen. Zwei Verletzten-Mimen wurden auf den Industrietürmen durch die Sanitäter fachmännisch erstversorgt und anschließend durch Feuerwehr und Bergwacht zum Boden transportiert. Als unabdingbar stellte sich bei der Übung die bisher noch nicht standardmäßige Mitalarmierung der Bergwacht heraus, denn weder der Rettungsdienst noch die Feuerwehr verfügt über die notwendige Ausrüstung und Qualifikation, um im Ernstfall die Helfer und den Patienten unter beengten Raumverhältnissen auf hohen Gebäuden oder Baukränen abzusichern.
Angenommen wurde ein Betriebsunfall auf den hohen Industrietürmen des Teerwerks in Englham bei Schönram, wobei ein Arbeiter mit dem Unterarm in einem Förderband eingeklemmt wird und sich zusätzlich schwere Brandverletzungen an einem Kessel zuzieht. Ein zweiter Arbeiter will ihm zu Hilfe eilen, stolpert aber und fällt drei Meter tief eine Treppe hinab, wobei er sich eine Verletzung am Sprunggelenk zuzieht und anschließend einen Asthmaanfall erleidet – ein breites Spektrum, das den ganzen Einsatz der modernen Notfallmedizin fordert und auch in der Realität auf ähnliche Weise passieren könnte. Um für derartige Fälle gut abgesichert zu sein und den Hilfskräften die Möglichkeit zu bieten, sich miteinander auf die Höhenrettung einzuspielen, zeigte der Betreiber des Teerwerks ein offenes Ohr und unterstützte die Helfer bei ihrer Ausbildung.
Nach allen Regeln der Kunst fand in der ersten Einsatzphase die Versorgung durch ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeiter des Rettungsdienstes statt, während Bergwacht und Feuerwehr den Transport zum Boden vorbereiteten. Mit der kompletten Ausrüstung, bestehend aus EKG, Notfallrucksack, Beatmungsgerät, Absauger und Schienungsmaterial mussten die zwei Rettungsteams zunächst zu Fuß über Treppen und Stiegen zu den Patienten vordringen, was mit enormer körperlicher Anstrengung verbunden war. Beim Realeinsatz ist es in der Regel auch der Rettungsdienst, der zuerst am Einsatzort ankommt und primär alleine mit der Situation konfrontiert ist. Bergwacht und Feuerwehr sind in ländlichen Regionen rein ehrenamtlich besetzt und mit einer Vorlaufzeit verbunden, wenn sie alarmiert werden. Unter optimalen Wetterverhältnissen, jedoch nur am Tag, ist eine Rettung des Patienten am Bergetau oder an der Winde des Hubschraubers möglich. Spielt das Wetter nicht mit, so müssen Alternativen ausgearbeitet werden, wobei Übungen wie in Englham neue Ideen erschließen lassen und die Schwachstellen aufzeigen. Alle Beobachter, unter denen sich auch Disponenten der Rettungsleitstelle Traunstein befanden, konnten deutlich erkennen, dass die Bergwacht bei derartigen Einsätzen nicht wegzudenken ist. Im Moment werden die Bergretter nicht standardmäßig mitalarmiert, wenn die Rettung von hohen Gebäuden oder Kränen ansteht. Ungesicherte Patienten und Retter machen aber klar erkennbar, welche Schlüsselrolle die Bergwacht in der Höhenrettung einnehmen müsste. Die Feuerwehr mit der Drehleiter alleine reicht nicht aus, wenn an unzugänglichen Stellen mit steilen Abgründen ein rundum versorgter und mit mehreren Geräten überwachter Patient zum Boden transportiert werden soll, denn auch sie verfügt nicht über die notwendige Ausrüstung, um Helfer und Verletzte abzusichern. Einer der beiden realistisch geschminkten Darsteller der Jugendfeuerwehr Weildorf wurde von den Bergrettern im Luftrettungsbergesack verpackt zum Boden abgeseilt, der zweite Patient wurde mit der Schaufeltrage auf die Trage am Korb der Drehleiter umgelagert und mit allen Geräten zur Überwachung abtransportiert. Auch hier nahmen die Bergwacht-Männer eine wichtige Funktion ein, denn am Haken gesichert konnten sie unter beengten Raumverhältnissen auch außerhalb des durch Geländer geschützten Bereichs arbeiten und Patient und Retter absichern. Ein falscher Handgriff bei einer solchen Rettungsaktion könnte tödlich mit dem Sturz in die Tiefe enden.
Die Übungsleiter Karl Schmelz und Georg Bräumann stellen sich für die Zukunft auch eine Bergung des Patienten im Luftrettungsbergesack, hängend am Drehleiter-Kran der Feuerwehr vor, wenn bei schlechtem Wetter ein Einsatz des Hubschraubers nicht möglich ist. Dabei würde die schwierige und gefährliche Phase des Überhebens des Patienten auf die Trage des Leiterkorbs wegfallen. In wie weit diese Art der Rettung möglich ist, muss noch abgeklärt werden.

Nach
Nach der Versorgung durch das Rettungsdienst-Team wird der schwer verletzte Patient schonend mit der Schaufeltrage auf die K-Trage der Drehleiter umgelagert. Die beengten Arbeitsverhältnisse auf dem Industrieturm sowie die umfangreiche Ausrüstung zur Überwachung der Vitalparameter des Patienten machen den Einsatz der Bergwacht in der Höhenrettung zur Absicherung der Helfer unumgänglich.
BRK-Instruktor
BRK-Instruktor Karl Schmelz (rechts) fordert in Zukunft eine Mitalarmierung der Bergwacht bei Einsätzen in der Höhenrettung. Nur die Bergwacht verfüge über die nötige Ausrüstung, um Helfer und Patienten unter beengten Raumverhältnissen auf hohen Gebäuden oder Industrieanlagen kompetent anzusichern. Bei optimalen Wetterverhältnissen würde die Rettung mit dem Retttungshubschrauber am Bergetau erfolgen.
Helfer
Helfer der BRK-Schnelleinsatzgruppe Teisendorf versorgen eine schwere Unterarmverletzung.
Die
Die freiwillige Feuerwehr Teisendorf rückte zur Übung mit der Drehleiter aus.
Unter
Unter engsten Raumverhältnissen erfolgte die Versorgung eines gestürzten Patienten mit Asthmaanfall und Verdacht auf Sprunggelenksfraktur.