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Verfasser: Markus Leitner, aktualisiert am 16.8.04 um 13:13 Uhr

Verkehrsunfall mit 14 Verletzten am Saalachsee - Einsatzkräfte trainieren das Zusammenspiel

BAD REICHENHALL (ml) – Am vergangenen Samstag gegen 13 Uhr fand in Bad Reichenhall eine Großübung der Einsatzkräfte des Rettungsdienstes, der Freiwilligen Feuerwehr, der BRK-Bereitschaft, der Wasserwacht, der Polizei und des Sanitätszentrums der Bundeswehr statt. Angenommen wurde ein schwerer Verkehrsunfall mit insgesamt drei beteiligten Fahrzeugen und 14 zum Teil schwer Verletzten an der B 21 entlang des Saalachsees. Perfekt von der Schminkgruppe des Jugendrotkreuzes präparierte Mimen und realistische Unfallfahrzeuge boten den ersteintreffenden Rettungskräften ein chaotisches und dramatisches Szenario, das kaum von einem Realeinsatz zu unterscheiden war und damit einen extrem hohen Übungswert aufwies. Neben der Koordination der rund 90 beteiligten Helfer lag das Hauptaugenmerk auf der Bildung einer gemeinsamen Einsatzleitung von BRK, Feuerwehr und Polizei, um die Chaosphase schnell und effizient zu überwinden. Das genaue Szenario wurde geheim gehalten, um das Improvisationsvermögen der Teilnehmer in Angesicht eines simulierten, aber möglichst realen Großeinsatzes auszutesten.

Kurz nach 13 Uhr treffen das Notarzteinsatzfahrzeug sowie zwei Krankenwagen aus Bad Reichenhall am inszenierten Einsatzort beim Anglerparkplatz am Saalachsee ein, wobei die sechs Helfer zunächst versuchen, sich einen Überblick über das grauenvolle Szenario zu verschaffen. Drei stark demolierte Fahrzeuge scheinen mit hoher Geschwindigkeit kollidiert zu sein und liegen am Seeufer, wobei mehrere Verletzte aus den PKWs geschleudert wurden und sich zum Teil nach Hilfe schreiend im Wasser befinden. Ähnlich wie in der Realität ging bei der Übungsleitstelle nur ein ungenaues Meldebild über den Unfall ein, so dass die alarmierten Kräfte für die vielen Patienten nicht ausreichen. Umgehend werden über Funk neben der Feuerwehr zur technischen Rettung die Wasserwacht und die Sanitätseinsatzleitung des Roten Kreuzes nachgefordert, wobei auch bei der Übung von realen Zeiten zwischen der Alarmierung und dem Eintreffen beim Patienten ausgegangen wird. Ein KRKW-Unimog des Sanitätszentrums der Bundeswehr passiert zufällig den Unfallort und die Helfer beginnen sofort, den regulären Rettungsdienst tatkräftig zu unterstützen. Mehrere schwer verletzte Patienten sind in den Unfallfahrzeugen eingeklemmt und müssen primär von den Sanitätern stabilisiert werden, bevor eine Rettung mit Spreize und Schere möglich ist. Von der Freiwilligen Feuerwehr Bad Reichenhall werden ein Rüstwagen, zwei Löschfahrzeuge und das Taucherfahrzeug zum Einsatzort geschickt. Die Wasserwacht rückt ebenfalls mit Tauchern und einem Schlauchboot an, um im trüben Wasser nach versunkenen Personen zu suchen und die mittlerweile abgetriebenen Unfallopfer zurück ans Ufer zu holen. Am Festplatz in Bad Reichenhall landet der imaginäre Rettungshubschrauber Christoph 14, dessen Arzt und Sanitäter von der Wasserwacht aufgenommen und mit zur Unfallstelle gebracht werden. Auch in Wirklichkeit kann der Hubschrauber nicht immer direkt bei den Patienten landen, da Bäume oder Häuser die Freiheit für den Hauptrotor einschränken. Mit zwei Streifenwagen nimmt auch die Polizei aus Bad Reichenhall an der Übung teil, und die Beamten packen erst mal kräftig bei der Erstversorgung der Verletzten mit an, bevor mit der Untersuchung des Unfallhergangs begonnen wird. Als die Sanitätseinsatzleitung, bestehend aus Organisatorischem Leiter und Leitendem Notarzt bei den Helfern eintrifft, ist die Erstversorgung der schweren Verletzungen bereits im vollem Gang und ein grobes Bild über die Gesamtlage vorhanden. Trotzdem ist jede freie Hand kostbar, denn nach wie vor sind zu wenig Sanitäter und Notärzte am Einsatz, um den Verletzten eine den Umständen entsprechend optimale Versorgung zukommen zu lassen. Vom Organisatorischen Leiter werden die Sanitäts-Schnelleinsatzgruppen des BRKs aus Bad Reichenhall und Berchtesgaden alarmiert, die mit weiteren vier Fahrzeugen anrücken, während mit der Registrierung der Patienten begonnen wird. Dabei vergibt der Leitende Notarzt Nummern und teilt die Verletzten in vier Schweregrade ein, was später bei der Reihenfolge im Abtransport in die Zielkrankenhäuser von entscheidender Bedeutung ist. Da nach wie vor im Landkreis noch keine funktionstüchtige Unterstützungsgruppe für die Sanitätseinsatzleitung besteht, die den ausgelasteten Organisatorischen Leiter bei der Registrierung und beim Suchen von Zielkrankenhäusern unterstützen kann, ist es schwierig, eine gemeinsame Einsatzleitung von BRK, Feuerwehr und Polizei zu bilden, die den Einsatz effizienter bewältigen könnte.
Die Verletzungsmuster erstrecken sich über Schürf- und Schnittwunden, alle Arten von Knochenbrüchen, ein schweres Schädelhirn-Trauma und eine Wirbelsäulen-Fraktur, was ein volles Programm in der Versorgung erforderlich macht.
Der Wasserwacht Bad Reichenhall und Berchtesgaden gelingt es schnell, die beiden abgetriebenen Unfallopfer mit dem Boot zurück ans Ufer zu bringen und effizient zu versorgen, während Taucher der Feuerwehr den Seegrund nach Versunkenen absuchen und zwei Personen retten, von denen eine von den Sanitätern erfolgreich wieder belebt werden kann.
Tatkräftig packen die 16 Helfer der Sanitäts-Schnelleinsatzgruppen mit an und errichten einen Sichtungsplatz oder arbeiten bei der Rettung und Verletztenversorgung mit. Auch die Helfer der Feuerwehr sind voll ausgelastet, denn von zwei Fahrzeugen muss das Dach entfernt werden, und mehrere Eingeklemmte machen einen Spreizeneinsatz erforderlich. Schonend und unter Mithilfe der vielen Feuerwehrleute können die Patienten aus den Autowracks gerettet und auf Tragen umgelagert werden. Sechs Personen sind schwer, zwei mittelschwer und zwei leicht verletzt. Drei weitere Beteiligte benötigen psychische Hilfe und für zwei Patienten kommt jede Hilfe zu spät. Ungefähr eineinhalb Stunden nach der ersten Alarmierung ist der Einsatz bewältigt und alle Patienten sind versorgt. „Bei einer großen Anzahl von Verletzten ist es schwierig, ausreichend Bettenkapazitäten in den Krankenhäusern zu finden, so dass die Patienten neben Bad Reichenhall, Berchtesgaden und Freilassing auch nach Salzburg und Traunstein oder noch weiter weg gebracht werden müssen“, so Übungsleiter Florian Halter. Bemerkenswert war der Einsatz der drei Sanitäter der Bundeswehr, die effizient und kompetent bei der Versorgung mitarbeiteten und hoffen lassen, dass das Sanitätszentrum in Zukunft standardmäßig als wertvoller Partner bei größeren Schadenslagen mit eingebunden wird. Im Rahmen einer gemeinsamen Nachbesprechung wurde von allen Teilnehmern der Wunsch laut, mindestens ein Mal im Jahr eine gemeinsame Übung dieses Formats durchzuführen, um in Zukunft über die Grenzen der Organisation hinweg noch besser und routinierter aufeinander eingehn zu können.

Artikel aus „Im Einsatz“ (S&K-Verlag), Ausgabe 02/2004:

Verkehrsunfall mit 14 Verletzten am Saalachsee bei Bad Reichenhall und Personenzug-Kollision mit 40 Verletzten im Bahnhof Freilassing:
Großübungen zeigen Grenzen auf
Können zwei Großschadensfälle im ländlichen Bereich gleichzeitig bewältigt werden?

BAD REICHENHALL/FREILASSING (ml) – Eigentlich hätte am Samstag, den 18. Oktober 2003 die erste große grenzüberschreitende Übung der Einsatzkräfte aus Salzburg (Österreichisches Rotes Kreuz) und dem nahen Berchtesgadener Land (Bayerisches Rotes Kreuz) stattfinden sollen, um den Grundstock einer länderübergreifenden Zusammenarbeit bei der Bewältigung von Großschadenslagen zu schaffen, doch massiver Protest der Geschäftsleute gegen die resultierenden Verkehrsbehinderungen und Straßensperren an diesem verkaufsoffenen Samstagnachmittag ließ die vom Bayerischen Innenministerium und der Salzburger Landesregierung organisierte und lange geplante Übung platzen. Das extrem wichtige Ereignis hätte Schwachstellen in der Kommunikation aufgezeigt und erste Grundlagen für eine zuvor noch nicht vorhandene Zusammenarbeit im Katastrophenschutz über die Grenze hinweg geschaffen. Allein die Tatsache, dass die Leitstelle Salzburg im 2-Meter-Band arbeitet und deshalb nur bedingt mit den Bayerischen Fahrzeugen kommunizieren kann, wirft Probleme auf, deren Lösung für die nahe Zukunft unabdingbar ist.
Als Ersatz fand gegen 13 Uhr in Bad Reichenhall eine Großübung der Einsatzkräfte des Rettungsdienstes, der Freiwilligen Feuerwehr, der BRK-Bereitschaft, der Wasserwacht, der Polizei und des Sanitätszentrums der Bundeswehr statt. Angenommen wurde ein schwerer Verkehrsunfall mit insgesamt drei beteiligten Fahrzeugen und 14 zum Teil schwer Verletzten an der Bundesstraße 21 entlang des Saalachsees zwischen Bad Reichenhall und Schneizlreuth. Perfekt von der Schminkgruppe des Jugendrotkreuzes präparierte Mimen und realistische Unfallfahrzeuge boten den ersteintreffenden Rettungskräften ein chaotisches und dramatisches Szenario, das kaum von einem Realeinsatz zu unterscheiden war und damit einen extrem hohen Übungswert aufwies. Neben der Koordination der rund 90 beteiligten Helfer lag das Hauptaugenmerk auf der Bildung einer gemeinsamen Einsatzleitung von BRK, Feuerwehr und Polizei, um die Chaosphase schnell und effizient zu überwinden, was aufgrund einer noch fehlenden Unterstützungsgruppe Sanitätseinsatzleitung (UG-SanEl) im Landkreis mit Schwierigkeiten behaftet war. Das genaue Szenario wurde geheim gehalten, um das Improvisationsvermögen der Teilnehmer in Angesicht eines simulierten, aber möglichst realen Großeinsatzes auszutesten. Während der Übungseinsatz auf Hochtouren lief, erging gegen 14 Uhr der Alarm für die Kräfte des nördlichen Landkreises zu einer simulierten Personenzugkollision mit 40 verletzten Kindern im Bahnhofsbereich von Freilassing, an der Grenze zum österreichischen Salzburg. Schnell waren die Kapazitäten von Rettungsdienst, Zivil- und Katastrophenschutz vollkommen ausgeschöpft und Beobachtern wurde klar, wie wichtig die Zusammenarbeit mit dem starken Partner Salzburg wäre, und welche fatalen Auswirkungen Fahrzeugkürzungen und Aussparungen von Ehrenamtlichen nach Vorgaben des „TRUST-Gutachtens“ für die ländlichen Regionen in Bayern hätten. Als wichtiger Partner bei der Übung stellte sich das Sanitätszentrum der Bundeswehr in Bad Reichenhall heraus, das in Zukunft noch mehr bei Großschadensfällen mit einbezogen werden soll, um Lücken auf ziviler Seite auszugleichen.

Ländliche Strukturierung

Der ländlich strukturierte und lang gezogene Landkreis Berchtesgadener Land verfügt über sieben RTW und fünf KTW in der normalen Vorhaltung, die auf vier Rettungswachen verteilt sind, von denen drei Notarztstandort sind. Insgesamt sechs Schnelleinsatzgruppen mit ungefähr 80 Helfern der BRK-Bereitschaften können neben drei Wasserwacht-SEGen und sechs Bergwacht-Bereitschaften von der zuständigen Rettungsleitstelle Traunstein zu Rettungs-, Betreuungs- und Sanitätseinsätzen alarmiert werden, wobei hier auf weitere zwei RTW, vier KTW, drei Wasserrettungsfahrzeuge, zwei Vier-Tragen-Wagen, einen AtKW, einen Bt-Kombi, einen LKW sowie fünf MTW mit zwei Sanitätsanhängern für Großschadenslagen zurückgegriffen werden kann. Trotzdem sind die Kapazitäten schnell erschöpft, wie zwei schwere, aber glücklicherweise glimpflich verlaufenen Reisebusunfälle im vergangen Jahr bewiesen haben. Jeweils drei OrgL und LNA für den nördlichen und den südlichen Bereich versehen abwechselnd Bereitschaftsdienst, so dass zeitgleich immer zwei SanEls zur Verfügung stehen. Lediglich im Rettungsdienst-Alltag fand bisher eine Zusammenarbeit mit den österreichischen Nachbarn statt, wobei der RTH Christoph 14 aus Traunstein oder der NAH Christophorus 6 aus Salzburg bei Engpässen Primäreinsätze im nahen Ausland fliegen oder das NEF aus Salzburg ins angrenzende Freilassing geschickt wird. Hinsichtlich des Zivil- und Katastrophenschutzes gab es bisher noch keine gemeinsame Übung oder einen nennenswerten Großeinsatz, an dem sowohl ÖRK als auch BRK beteiligt gewesen wären.

Improvisationsvermögen bei fehlenden Kapazitäten

Kurz nach 13 Uhr treffen das NEF (RK/BGL 46/10/1) sowie zwei KTW (RK/BY 1619 und RK/BY 1620) aus Bad Reichenhall am inszenierten Einsatzort am Stausee ein, wobei die fünf Helfer und ein Notarzt zunächst versuchen, sich einen Überblick über das grauenvolle Szenario zu verschaffen. Drei stark demolierte Fahrzeuge scheinen mit hoher Geschwindigkeit kollidiert zu sein und liegen am Seeufer, wobei mehrere Verletzte aus den PKWs geschleudert wurden und sich zum Teil nach Hilfe schreiend im Wasser befinden. Ähnlich wie in der Realität ging bei der für diesen Tag eingerichteten Übungsleitstelle nur ein ungenaues Meldebild über den Unfall ein, so dass die alarmierten Kräfte für die vielen Patienten nicht ausreichen. Improvisationsvermögen ist gefragt. Umgehend werden über Funk neben der Freiwilligen Feuerwehr zur technischen Rettung die Wasserwacht-Schnelleinsatzgruppe aus Bad Reichenhall (WW REI 91/1 und 91/2) und die Sanitätseinsatzleitung (SanEl) nachgefordert, wobei auch bei der Übung von realen Zeiten zwischen der Alarmierung und dem Eintreffen beim Patienten ausgegangen wird. Ein Unimog-Krankenwagen des Sanitätszentrums der Bundeswehr in Bad Reichenhall passiert zufällig den Unfallort und die Helfer beginnen sofort, den regulären Rettungsdienst tatkräftig zu unterstützen. Mehrere schwer verletzte Patienten sind in den Unfallfahrzeugen eingeklemmt und müssen primär von den Sanitätern stabilisiert werden, bevor eine Rettung mit Spreize und Schere möglich ist. Von der Freiwilligen Feuerwehr Bad Reichenhall werden ein Rüstwagen, zwei Löschfahrzeuge und das Taucherfahrzeug zum Einsatzort geschickt. Die Wasserwacht rückt ebenfalls mit Tauchern und einem Schlauchboot an, um im trüben Wasser des Stausees nach versunkenen Personen zu suchen und die mittlerweile durch die starke Strömung abgetriebenen Unfallopfer zurück ans Ufer zu holen. An einem nahen Kiesplatz landet der Rettungshubschrauber Christoph 14 aus Traunstein, dessen Arzt und Sanitäter von der Wasserwacht aufgenommen und mit zur Unfallstelle gebracht werden. Mit zwei Streifenwagen nimmt auch die Polizei aus Bad Reichenhall an der Übung teil, und die Beamten packen erst mal kräftig bei der Erstversorgung der Verletzten mit an, bevor mit der Untersuchung des Unfallhergangs begonnen wird. Als die Sanitätseinsatzleitung, bestehend aus OrgL Markus Zekert und LNA Dr. Michael Eisert bei den Helfern eintrifft, ist die Erstversorgung der schweren Verletzungen bereits im vollem Gang und ein grobes Bild über die Gesamtlage vorhanden. Trotzdem ist jede freie Hand kostbar, denn nach wie vor sind zu wenig Sanitäter und Notärzte am Einsatz, um den Verletzten eine den Umständen entsprechend optimale Versorgung zukommen zu lassen. Vom OrgL werden die Sanitäts-Schnelleinsatzgruppen des BRKs aus Bad Reichenhall und Berchtesgaden alarmiert, die mit weiteren sechs Fahrzeugen (RK/BGL 41/74/1, RK/BGL 41/74/2, RK/BGL 45/71/1, RK/BGL 45/14/1, RK/BGL 46/14/1 und RK/BGL 46/72/1) anrücken, während mit der Registrierung der Patienten begonnen wird. Dabei vergibt der LNA Nummern und teilt die Verletzten in vier Schweregrade ein, was später bei der Reihenfolge im Abtransport in die Zielkrankenhäuser von entscheidender Bedeutung ist. Neben den regionalen Krankenhäusern in Bad Reichenhall, Berchtesgaden, Freilassing und Traunstein stehen mit dem Landeskrankenhaus, dem Unfallkrankenhaus und der Neurochirurgie im nur 16 Kilometer entfernten Salzburg Zielkliniken zur Verfügung, die auch schwerstverletzte Patienten einer optimalen Behandlung zuführen können, so weit sie aufnahmefähig sind.

Kommunikationsprobleme und fehlende UG-SanEl

Da nach wie vor im Landkreis Berchtesgadener Land noch keine funktionstüchtige Unterstützungsgruppe für die Sanitätseinsatzleitung (UG-SanEl) besteht, die den ausgelasteten OrgL bei der Registrierung und beim Suchen von Zielkrankenhäusern unterstützen kann, ist es schwierig, eine gemeinsame Einsatzleitung von BRK, Feuerwehr und Polizei zu bilden, die den Einsatz effizienter bewältigen könnte. Der OrgL erscheint primär überfordert, gleichzeitig mit dem LNA die Triage durchzuführen und den Kontakt zu den anderen Organisationen zu halten. Zudem stören geographische Gegebenheiten wie die hohen Berge immer wieder die Funkverbindung zur Übungsleitstelle, so dass der Einsatzort teilweise vollkommen unerreichbar ist. Die Helfer sehen trotzdem positiv in die Zukunft und hoffen, dass zum ersten Quartal im kommenden Jahr ein lange geplantes ELW 2 mit besseren technischen Möglichkeiten zur Verfügung steht.

Die Verletzungsmuster erstrecken sich über Schürf- und Schnittwunden, alle Arten von Knochenbrüchen, ein schweres Schädelhirn-Trauma und eine Wirbelsäulen-Fraktur, was ein volles Programm in der Versorgung erforderlich macht. Drei Patienten werden noch im Unfallfahrzeug intubiert und beatmet.
Der Wasserwacht Bad Reichenhall und Berchtesgaden sowie der Tauchergruppe der Feuerwehr gelingt es schnell, die beiden abgetriebenen Unfallopfer mit dem Boot zurück ans Ufer zu bringen und effizient zu versorgen, während weitere Taucher der Feuerwehr den Seegrund nach Versunkenen absuchen und zwei Personen retten, von denen eine von den Sanitätern erfolgreich wieder belebt werden kann.

Ohne Ehrenamt geht es nicht

Von den beiden SEGen wird unter beengten Raumverhältnissen auf dem Parkplatz ein Verletztensammelplatz errichtet, von dem aus alle Patienten bis 14.30 Uhr in die Zielkrankenhäuser verlegt werden können, wobei die Grenzen der Versorgungs- und Transportkapazitäten im südlichen Landkreis erreicht sind. Wenn durch die Vorgaben des „TRUST-Gutachtens“, einer Effektivitätsstudie des Rettungsdienstes in Bayern, Fahrzeuge in der Vorhaltung gestrichen werden, so wird im ländlichen Bereich selbst ein schwerer Verkehrsunfall mit mehreren Verletzten kaum mehr zu bewältigen sein. Eine Tendenz, die den Faktor Ehrenamt zudem immer mehr aus dem regulären Rettungsdienst verdrängt, nimmt Freiwilligen die Möglichkeit, Routine und Erfahrungen für den Großeinsatz zu sammeln.
Das Kriseninterventionsteam (KIT) des BRKs kümmert sich bereits während des Einsatzes um Betroffene, Unfallzeugen und Einsatzkräfte (SbE) und setzt seine Tätigkeit in den Krankenhäusern fort. Tatkräftig packen die 16 Helfer der Sanitäts-Schnelleinsatzgruppen mit an und arbeiten bei der Rettung und Verletztenversorgung mit. Auch die Helfer der Feuerwehr sind voll ausgelastet, denn von zwei Fahrzeugen muss das Dach entfernt werden, und mehrere Eingeklemmte machen einen Spreizeneinsatz erforderlich. Schonend und unter Mithilfe der vielen Feuerwehrleute können die Patienten aus den Autowracks gerettet und auf Tragen umgelagert werden. Sechs Personen sind schwer, zwei mittelschwer und zwei leicht verletzt. Drei weitere Beteiligte benötigen psychische Hilfe und für zwei Patienten kommt jede Hilfe zu spät. Ungefähr eineinhalb Stunden nach der ersten Alarmierung ist der Einsatz bewältigt und alle Patienten sind versorgt. „Bei einer größeren Anzahl von Schwerverletzten ist es schwierig, ausreichend Bettenkapazitäten in den Krankenhäusern zu finden, so dass die Patienten neben Bad Reichenhall, Berchtesgaden und Freilassing auch nach Salzburg und Traunstein oder noch weiter weg gebracht werden müssen“, so Übungsleiter Florian Halter. Bemerkenswert war der Einsatz der Sanitäter der Bundeswehr, die effizient und kompetent bei der Versorgung mitarbeiteten und hoffen lassen, dass das Sanitätszentrum in Zukunft standardmäßig als wertvoller Partner bei größeren Schadenslagen mit eingebunden wird.

Fast zeitgleiches Zugunglück in Freilassing

Gegen 14 Uhr erfolgt der Alarm für die Kräfte des nördlichen Landkreises: Ein mit zwei Schulklassen besetzter Personenzug ist im Bahnhofsbereich von Freilassing auf einen Güterzug aufgefahren und im vorderen Bereich in Brand geraten, so die Annahme. Im weiteren Verlauf greift das Feuer auch auf einen auf dem Nebengleis abgestellten Güterzug über. Die nach Alarmstufe 3 alarmierten Kräfte der Feuerwehren Freilassing, Ainring, Saaldorf und Surheim sind völlig ausgelastet die 40 verletzten Kinder aus dem Zug zu retten und außerhalb des Gefahrenbereichs den BRK-Schnelleinsatzgruppen Ainring, Freilassing, Laufen und Teisendorf zu übergeben, die mit 40 Helfern und zwei Notärzten schwer zu kämpfen haben. Neben den Löscharbeiten müssen primär die Hochspannungsleitungen der Züge geerdet werden, um die Unfallstelle für die Retter zugänglich zu machen. Zur weiteren Unterstützung wird deshalb auch das THW Berchtesgadener Land hinzugezogen, das bei den technischen Arbeiten kompetente Hilfe leistet. Wertvolle Erfahrungen können auch in Zusammenarbeit mit den Notfallmanagern der Bahn gesammelt werden, was die Grundlage für die gekonnte Einsatzbewältigung im Ernstfall schafft.

Erste Lagebewältigung

Primär werden der RTW RK/BY 1656 mit Notarzt aus Freilassing sowie die SanEl, bestehend aus OrgL Ludwig Wetzelsberger und LNA Dr. Christian Wagner von der Übungsleitstelle zum Einsatzort geschickt. Das Team des RTWs trifft zuerst am Bahnhof ein und beginnt sich umgehend einen Überblick zu verschaffen, ohne mit einer Verletztenversorgung zu beginnen. Die erste Lagemeldung - Personenzug auf Güterzug aufgefahren - unklare Anzahl von Verletzten - veranlasst den OrgL bereits auf der Anfahrt die SEGen Ainring, Freilassing, Laufen und Teisendorf zu alarmieren, die kurze Zeit später mit sechs Fahrzeugen (RK/BGL 41/10/1, RK/BGL 41/77/1, RK/BGL 42/72/1, RK/BGL 43/71/1, RK/BGL 44/72/1 und RK/BGL 47/72/1)) und 40 Helfern anrücken. Die SEGen Bad Reichenhall und Berchtesgaden sind noch am Verkehrsunfall im Einsatz. Gleichzeitig mit der SanEl wird eine improvisierte UG-SanEl, bestehend aus drei Helfern der SEGen aufgebaut. Die Anweisungen an die Einheiten laufen von diesem Zeitpunkt an über die Unterstützungsgruppe, so dass OrgL und LNA ungestört die Triage der 40 Verletzten durchführen können. Der unmittelbare Gefahrenbereich ist durch brennende Waggons, versperrte Türen und die Gefahr durch den Strom sowie das Löschwasser auch für die Atemschutzträger von Feuerwehr und THW nur sehr schwer zugänglich.

Zusammenarbeit mit dem ÖRK notwendig


Nach und nach mit dem Eintreffen weiterer Helfer werden drei Versorgungsplätze gebildet, darunter ein Leichtverletztensammelzelt, das von der nachalarmierten Wasserwacht Freilassing betreut wird. Im Schnelleinsatzzelt der SEG-Freilassing führen zwei Ärzte mit zahlreichen Helfern die Erstversorgung der 14 Schwerverletzten durch und sind in jeder Hinsicht mit der Anzahl der Patienten überfordert, deren Brand- und Knochenverletzungen den vollen Einsatz medizinischer Möglichkeiten in der Erstversorgung notwendig machen. Selbst Sanitäter der Feuerwehr und des THWs unterstützen das BRK bei der Erstversorgung. Eine Zusammenarbeit mit dem direkt angrenzenden Salzburg bei derartigen Großschadenslagen ist daher unumgänglich und muss in naher Zukunft realisiert werden. Die Bereitschaft an der Basis der Helfer ist vorhanden, lediglich die Inkompatibilität der beiden Systeme hinsichtlich Führungsstil und Kommunikation im Einsatz muss durch die Führung noch angeglichen werden. Allein in der Stadt Salzburg stehen 10 Sanitätszüge mit insgesamt 300 Helfern zur Verfügung, die die bei der Übung nicht mehr realisierbare Transportaufgabe übernehmen hätten könnten. In Freilassing wird nach der Erstversorgung der weitere Übungsverlauf mit Transport in Zielkrankenhäuser nicht mehr simuliert, da zu wenig Fahrzeuge und Helfer zur Verfügung stehen und die Aufnahmekapazitäten bereits durch den Verkehrsunfall eingeschränkt sind. Im Fall eines Realeinsatzes wird im Berchtesgadener Land die Bergwacht alarmiert, um für den Brandverletztentransport einen Hubschrauberlandeplatz einzurichten.