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Verfasser: Markus Leitner, Björn Steinke, aktualisiert am 15.5.04 um 21:16 Uhr

Rund 70.000 Einsätze im Jahr 2003 - BRK-Rettungsleitstelle Traunstein präsentiert Einsatzzahlen

TRAUNSTEIN (ml) – Die Verunsicherung von Ärzten und Patienten durch die zunächst nicht geklärte Fahrtostenregelung als Bestandteil der Gesundheitsreform erachtet Rettungsleitstellenleiter Helmut Ochs als Hauptgrund dafür, dass die Zahl der Krankentransporte seit Jahresbeginn im Bereich der Leitstelle Traunstein um rund 20 Prozent zurückging. Bis zum Jahresende wurden dennoch 1.134 Einsätze mehr als im Vorjahr 2002 durchgeführt, was einer Zunahme von 1,7 Prozent und ungefähr 6.900 Einsätzen pro Monat entspricht. Die Anzahl der internistischen Notfälle stieg wie in den Vorjahren weiter an und ist mit 12.531 Einsätzen mehr als doppelt so hoch wie die Zahl der chirurgischen Notfälle, die weiter zurückgehen. Mit der Ausgliederung der Vermittlung des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes aus den Rettungsleitstellen im Januar 2003 wurde der Dschungel der Notrufnummern wieder dichter, da bei Abwesenheit des Hausarztes und nicht vorhandenem Notfall nur ein Call-Center in München für den gesamten oberbayerischen Raum zur Verfügung steht, das nicht über die vorwahlfreie 19222 sondern über 01805-191212 erreichbar ist.

Gravierende negative Auswirkungen auf die Notfallrettung speziell im Berchtesgadener Land durch die im TRUST-Gutachten vorgeschlagenen Kürzungen (wir berichteten) erkennt auch der Geschäftsführer des Rettungszweckverbands, Willi Steinhauer. Bei der nächsten Sitzung des Gremiums wird über das weitere Vorgehen abgestimmt. Entweder muss durch eine schnelle Umsetzung der Vorschläge die Praxis beweisen, dass sich die Kürzungen negativ für den Patienten auswirken oder man geht vor eine Schiedsstelle, was eine monatelange Verzögerung einer Entscheidung zur Folge hätte.
Die Rettungsleitstelle im Traunsteiner Ortsteil Haslach ist für die vier Landkreise Altötting, Berchtesgadener Land, Mühldorf und Traunstein zuständig, was einer Gesamtfläche von 3.750 Quadratkilometern und 485.000 Einwohnern entspricht. In der Urlaubszeit kommen bis zu einer Million Gäste hinzu. Durch die 24 hauptamtlichen Rettungsassistenten, die als Disponenten eingesetzt sind, werden im Dreischichtsystem 26 Rettungswagen, zwölf Notarzteinsatzfahrzeuge und 22 Krankenwagen koordiniert. Aber auch Bergwacht und Wasserrettung, Rettungshubschrauber, Helfer-vor-Ort, Schnelleinsatzgruppen und das Kriseninterventionsteam werden von Traunstein aus alarmiert und sind ebenfalls über die vom Festnetz vorwahlfreie Nummer 19222 erreichbar. Die Mitarbeiter erteilen auch Auskunft über die Notdienstpläne der Apotheken. 13.000 Telefongespräche sind monatlich für die Einsatzabwicklung notwendig. An maximal sieben Arbeitsvermittlungstischen nehmen die Mitarbeiter Notrufe und Krankentransportaufträge entgegen und können über telefonische Direktverbindungen Kontakt zu den Krankenhäusern und Rettungswachen aufnehmen oder über Funk die eingesetzten Rettungskräfte koordinieren. Bei Engpässen werden Rettungsmittel auch über die Grenzen hinweg im nahen österreichischen Ausland oder in den Nachbarbereichen Passau, Landshut, Erding und Rosenheim eingesetzt, was auf Gegenseitigkeit beruht. Nicht selten ist der Rettungshubschrauber „Christoph 14“ aus Traunstein in einem Einsatz gebunden, so dass ein Notarzthubschrauber aus Oberösterreich, Salzburg oder Tirol aushelfen muss. Auch im bodengebundenen Notarztdienst sind gegenseitige Anforderungen selbstverständlich.
Die Anzahl der Notarzteinsätze 2003 ist mit einer Gesamtzahl von 15.207 fast drei Prozent niedriger als im Vorjahr, was laut Helmut Ochs mit der Einführung eines neuen Notarzt-Indikationskatalogs zusammenhängt, der engere Kriterien für die Alarmierung setzt. Umso stärker stieg die Zahl der Notfälle ohne Notarzt an: 18,6 Prozent mehr als im Jahr 2002 leisteten Sanitäter eine qualifizierte Erstversorgung, was einer Gesamtzahl von 8.471 Einsätzen entspricht. Die Zahl der Krankentransporte stagnierte mit 40.314 Fahrten bis zum Jahresende weitgehend, wobei aber im ersten Quartal 2004 ein plötzlicher Einbruch von rund 20 Prozent zu verzeichnen war, der laut Ochs wohl mit einer Verunsicherung von Ärzten und Patienten durch die zunächst nicht geklärte Fahrtostenregelung als Bestandteil der Gesundheitsreform zusammenhängt. Der Jahrhundertsommer mit optimalem Ausflugswetter bescherte besonders der Bergwacht, die zu 855 Einsätzen gerufen wurde, ein arbeitsreiches Jahr mit 18 Prozent mehr Alarmierungen als im Vorjahr. Über 65 Prozent weniger Einsätze mussten die ehrenamtlichen Schnelleinsatzgruppen bewältigen, die nur 125 Mal angefordert wurden und nicht wie 2002 mit Katastrophen wie dem Hochwasser konfrontiert waren. 1657 Mal wurde ein Rettungshubschrauber, hauptsächlich „Christoph 14“ aus Traunstein eingesetzt, was einer Steigerung von 134 Einsätzen zum Vorjahr entspricht. Die Zahl der Verkehrsunfälle ging leicht zurück, wohingegen aber die internistischen Notfälle wie Herzinfarkt oder Atemnot um über fünf Prozent wie schon die Jahre zuvor zunahmen. Mittlerweile sind internistische Notfälle mehr als doppelt so häufig wie chirurgische. Im vergangenen Jahr gab es im Gegensatz zu den Vorjahren keinen außergewöhnlichen Großeinsatz wie ein Busunglück, jedoch erinnert sich Ochs an den tragischen Verkehrsunfall auf der B20 am Pidinger Berg im August 2003, bei dem fünf Menschen verletzt wurden und zwei davon starben.
Neuerungen in der Funktechnik ermöglichen seit kurzer Zeit die Übertragung der Einsatzmeldung auf ein Datendisplay im Rettungsfahrzeug, was den Sprachfunkverkehr entlasten soll, so der stellvertretende Leitstellenleiter Alfred Mock. Abhängig von der Wetterlage und geografischen Besonderheiten weißt der Betrieb des neuen Gleichwellen-Funksystems in der Praxis dennoch besonders im Berchtesgadener Land noch Probleme auf und funktioniert nicht zufrieden stellend. Die Weichen für die Schaffung einer Integrierten Leitstelle mit Feuerwehralarmierung sind laut Steinhauer gestellt, jedoch wird die Realisierung aufgrund der offenen Kostenfrage und fehlender politischer Entscheidungen noch Jahre dauern. Der Traum einer einheitlichen Notrufnummer 112 bleibt daher vorerst Illusion.

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Der Geschäftsführer des Rettungszweckverbandes Traunstein, Willi Steinhauer, Leitstellenleiter Helmut Ochs und sein Stellvertreter Alfred Mock (von rechts) konnten in der Jahresbilanz der Rettungsleitstelle Traunstein mit 69.130 Einsätzen im Jahr 2003 einen Zuwachs von 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen.
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24 hauptamtliche Disponenten stehen in der Rettungsleitstelle Traunstein rund um die Uhr im Dreischichtdienst zur Verfügung, um unter der vorwahlfreien Nummer 19222 Notrufe und Krankentransportaufträge entgegenzunehmen.