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Verfasser: Text: Veronika Mergenthal, Fotos: Markus Leitner, aktualisiert am 2.10.06 um 11:58 Uhr

198 Helfer bei Katastrophenschutzübung – 580 Schüler evakuiert

FREILASSING (vm) – Brennende Flugzeugteile liegen im Schulhof der Realschule Freilassing. Immer wieder erschüttern Explosionen das Gebäude, und starker Rauch dringt aus Türen und Fenstern: Ein defektes Flugzeug, das jenseits der Saalach abstürzte, hat im Landeanflug auf den Flughafen Salzburg über der Schule Teile verloren. Sie haben das Gebäude beschädigt und ein Feuer ausgelöst. In allen Klassen herrscht Unterrichtsbetrieb, so dass sich über 600 Personen in der Schule befinden. Der Landrat ruft Katastrophenalarm aus. Innerhalb kürzester Zeit muss die Führungsgruppe Katastrophenschutz am Landratsamt das Zusammenspiel von fast 200 Helfern koordinieren.
Zum Glück war es nur eine Übung, die sich am Vormittag des 30. September in der Realschule abspielte. Dennoch achtete Kreisbrandrat Rudi Zeif auf eine möglichst realistische Kulisse. Bis zuletzt wusste wie im Ernstfall niemand, was ihn an der Einsatzstelle erwartet – außer Zeif selbst sowie Günther Ehrichs, Sachgebietsleiter Katastrophenschutz am Landratsamt, und Maximilian Bogner, Sicherheitsbeauftragter der Schule: „Seit Februar steht der Termin fest. Dann haben wir die Übung zu dritt ausgearbeitet“, berichtete Bogner, der seit September an der Schule unter anderem IT und Kunst unterrichtet. Als Kreisbrandmeister im Nachbarlandkreis Traunstein brachte der Waginger die nötige Erfahrung mit, um das Sicherheitskonzept der Schule an die veränderten Bedingungen - Schulhauserweiterung und starker Schülerzustrom - anzupassen. „Es geht darum, dass man eine Handlungsstruktur hat, eine Musteranweisung für alle unvorhersehbaren Ereignisse“, erklärt der Lehrer.
Nach einem genau festgelegten Plan wurden am Samstag 580 Schüler und 34 Lehrer „evakuiert“. Die Schüler holten an diesem Samstag den wegen des Papstbesuches verspäteten Schulbeginn nach. Von der Polizeischule in Ainring hatten die Organisatoren echte Wrack-Teile besorgt, an denen ein Feuerwerker Explosionen verursacht. In sicherem Abstand stellten sich die Schüler, die die Abwechslung zum Schulalltag genossen, ruhig und geordnet am Sportplatz vor Blechtafeln mit ihren Klassennummern auf. „Die Tafeln hängen immer dort“, erklärte Bogner. Täuschend echt geschminkt waren die „Verletzten“, acht Schüler und zwei Feuerwehrmänner, die das Rote Kreuz versorgte. Einen „verletzten“ Mitschüler schleppten vier kräftige Burschen selbst aus dem Schulgebäude. Im südlichen Teil war eine Klasse im Obergeschoss vom Fluchtweg abgeschnitten. Vorsichtig kletterten die Schüler über eine Drehleiter in Sicherheit. Im Keller eingeschlossene Personen stiegen über den Lichtschacht ins Freie. An der Vorderfassade wurden mit einer Leiter die Sekretärinnen „gerettet“. Auch ein fiktiver „Toter“, ein von den Trümmern erschlagener „Passant“, wurde geborgen.
In einer guten Viertelstunde waren die meisten Schüler draußen. Sie wurden in die Korbinianskirche gebracht und „betreut“. Aufregung löste eine kleine Kommunikationspanne aus: Acht Schüler wurden vermisst; doch dann stellte sich heraus, dass sie schon dem Rettungsdienst übergeben worden waren. Insgesamt 198 Helfer wirkten unter Leitung von Kreisbrandinspektor Stefan Pfnür zusammen. Die Feuerwehren Ainring, Freilassing, Saaldorf, Surheim, Laufen, die Unterstützungsgruppe Örtliche Einsatzleitung und die Kreisbrandinspektion stellten 115 Einsatzkräfte und 18 Fahrzeuge, das BRK 25 Helfer und acht Sanitätsfahrzeuge. Mit 20 Mann und drei Autos war das THW da. Der THW-Baufachberater untersuchte das Gebäude nach Schäden. 20 Kräfte kamen vom Landratsamt sowie je fünf von der Stadt, der Schule und der Polizei, die für die Absperrung zuständig war. Über Funk war auch der Flughafen Salzburg mit eingebunden.
Bei der Schlussbesprechung nach der vom BRK verteilten Brotzeit gab es viel Lob. „Im Allgemeinen ist sehr gut Hand in Hand gearbeitet worden“, stellte Kreisbrandrat Rudi Zeif fest. Ein Kompliment für die rasche Evakuierung zollte Schulleiter Hans Hautz den Rettungsmannschaften. „Ich fühle mich für meine Bürgerinnen und Bürger wohl, dass wir solche Einsatzkräfte haben“, sagte Bürgermeister Josef Flatscher und hob auch das professionelle Vorgehen des Sicherheitsbeauftragten der Schule hervor. „Wie wichtig solche Übungen sind, haben wir ja heuer in tragischer Weise am 2. Januar erlebt“, erklärte Landrat Georg Grabner. Der Verbesserung von Details dient eine genauere Nachbesprechung nächste Woche. Die Bewältigung eines solchen Katastrophenfalls, wie er bereits am Kehlsteinhaus und bei den Pidinger Milchwerken fingiert wurde, trainiert der Landkreis jedes Jahr ein Mal.