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Verfasser: Text: Markus Leitner, Fotos: Markus Leitner, Markus Ewald, Hans Bayer, Sebastian Kamml, aktualisiert am 15.10.07 um 01:37 Uhr

Rettungstau-Fortbildung mit Bergwacht und Notärzten in Oberjettenberg

BERCHTESGADENER LAND/OBERJETTENBERG (ml) – Bergwacht, Rettungsassistenten, Notärzte und Piloten der Traunsteiner Rettungshubschrauber-Station „Christoph 14“ haben erstmals mit dem neuen Zivilschutzhubschrauber vom Typ „EC135T2i“ in Oberjettenberg für Rettungstau-Einsätze im steilen Gelände trainiert. Seit der Inbetriebnahme des neuen Fluggeräts im April 2007 arbeiten die Einsatzkräfte nun endgültig mit dem zukunftsweisenden variablen Rettungstau. Dank des innovativen Systems können sich der Bergwacht-Luftretter oder der Notarzt mit einem Abseilgerät unterhalb der Maschine schnell und punktgenau auf die gewünschte Taulänge abseilen und so gezielt die Einsatzstelle und den Patienten erreichen. Bisher konnte nur der Pilot durch Bewegung des Hubschraubers den am Fixtau hängenden Retter zur Unfallstelle ablassen. Das System „variables Tau“ basiert auf der seit zwei Jahren gewachsenen Zusammenarbeit zwischen Bergwacht und Rettungsassistenten der Hubschrauber-Station; mit viel persönlichem Einsatz haben die heimischen Experten ein praxistaugliches Verfahren entwickelt, intensiv getestet und schließlich für den Alltagsbetrieb angepasst und eingeführt.

Einsatzstellen mit einer engen Hinderniskulisse, wie bewaldete Steilhänge und Absetzstellen in Schluchten und Klettersteiganlagen fordern den Rettungshubschrauber-Piloten der Bundespolizei regelmäßig fliegerische Meisterleistungen ab. Vor der Einführung des variablen Taus mussten die am langen Fixtau hängenden Retter vom Piloten in eine Lichtung oder Schlucht buchstäblich eingefädelt werden; nur durch Absinken des Hubschraubers konnten sie am Einsatzort abgesetzt werden. Das variable Tau hat sich bereits bei mehreren Einsätzen im Berchtesgadener Land bewährt: Das Set besteht aus einem 50 Meter langen Statik-Seil, das knotenfrei in einem Seilsack verstaut ist. Der Seilsack hängt mit einer Bandschlinge am Abseilgerät. Oberhalb des Abseilgerätes läuft eine Klemme am Tau mit, in die später der Patient mit Hilfe eines Trapezes eingehängt wird. Nach vollzogener Praxis-Einweisung der Bergwacht-Luftretter und der Notärzte gehört das Set seit Anfang April zur Standardausrüstung der beiden Rettungshubschrauber „Christoph 14“ in Traunstein und „Christoph 17“ in Kempten.

Nachdem sich der Retter am Abseilgerät eingehängt hat und das Tau über das so genannte „Y-Rope“ in die Doppellasthakenanlage des Hubschraubers eingehängt ist, erfolgt ein relativ schneller Anflug vom Zwischenlandeplatz zum Einsatzort. Der Retter hängt dabei unmittelbar unterhalb des Hubschraubers. Über dem Absetzpunkt angelangt sucht sich der Pilot visuelle Referenzpunkte und kann so die Maschine konstant im Schwebeflug an der gewählten Position immer in gleicher Höhe halten. Jetzt erfolgt das Kommando an den Retter, sich eigenständig abzuseilen. Mit einer Hand bedient er das Abseilgerät, das durch einem Hebelgriff zwei Bremspositionen und eine Abseilposition vorgibt. So kann die Abseilgeschwindigkeit geregelt oder die Talfahrt gestoppt werden. Die andere Hand führt das aus dem Seilsack in das Abseilgerät einlaufende Tau und reguliert so zusätzlich die Abseilgeschwindigkeit. Analog wie bei einer Rettungswinde nähert sich der Bergwachtmann oder der Notarzt dem Patienten, ohne dass der Pilot die Schwebehöhe der Maschine verändern muss. Im Gegensatz zum Windeneinsatz kann sich der Retter beim variablen Tau aktiv in die Hinderniskulisse abseilen und Geschwindigkeit, notwendige Zwischenstopps und die richtige Endposition beim Patienten eigenständig regeln. Der Luftrettungsassistent steht dabei als Einweiser auf der linken Kufe des Hubschraubers und teilt dem Piloten über festgelegte Sprechkommandos mit, ob er die Schwebeposition des Hubschraubers geringfügig verändern muss.

An der Einsatzstelle angelangt stoppt der Retter das Abseilgerät; er entscheidet nun je nach Lage, ob er sich mit seinem Stahlkarabiner aus dem System aushängt und vor Ort mit der Patientenversorgung beginnt, oder ob der Verletzte aufgrund des schwierigen Geländes sofort ausgeflogen werden muss. Zum Abtransport wird der Verletzte mit einem Stahlkarabiner am Rettungstrapez fixiert; Das Trapez hängt der Retter danach in die jetzt arretierte Seilklemme ein. Nach erteiltem Funkkommando zieht der Pilot durch einen senkrechten Steilflug Patient und Retter nach oben weg. Die Last hängt immer zentral im Schwerpunkt des Hubschraubers in der ausgefahrenen, benötigten Abseillänge. Auch andere Rettungsgeräte wie die Gebirgstrage oder der Bergrettungssack können zusammen mit dem System „Variables Tau“ kombiniert werden. Fotos zur Fortbildung in Oberjettenberg sind in einer Galerie auf der Internetseite des Roten Kreuzes unter www.brk-bgl.de abrufbar. Die Internetseiten der Rettungshubschrauber-Station „Christoph 14“ können seit Oktober 2007 aufgrund organisationsinterner Diskussionen nicht mehr aktualisiert werden.