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Großaufgebot von Bergwacht und Polizei muss wegen massiver Schneefälle, Wind und Nebel zu Fuß zum Einsatzort aufsteigen

ANGER/STAUFENECKER FORST – Eine 20-jährige Skitourengeherin aus dem Berchtesgadener Land ist am Samstagnachmittag bei der Abfahrt von der Stoißer Alm (1.270 Meter) am Teisenberg in einem steilen Hang von einer Lawine erfasst und komplett verschüttet worden. Einsatzkräfte von Bergwacht und Polizei stiegen unter riskanten Bedingungen bei großer Lawinengefahr (Stufe 4 in allen Höhenlagen) und sehr schlechter Sicht mühsam zu Fuß auf, wobei ein Lawinenhund vor Ort dann die junge Frau sofort fand. Die Retter konnten sie sondieren, rasch ausgraben und versuchten sie noch wiederzubeleben, hatten aber aufgrund der langen Verschüttungsdauer letztlich keine Chance. Wegen massiver Schneefälle, Wind und Nebel konnten keine Hubschrauber fliegen und Überschneefahrzeuge nur im unteren Teil der Forststraße eingesetzt werden. Der Kriseninterventionsdienst (KID) der Bergwacht kümmerte sich um die betroffenen Angehörigen und Begleiter der Verstorbenen.

Die sechsköpfige Gruppe war von Neukirchen aus über die Nordwestseite des Bergs aufgestiegen und wollte dann nach einem längeren Aufenthalt auf der Alm südöstlich nach Anger abfahren, wobei sich beim Queren des rund 35 bis 40 Grad steilen, stark eingewehten Hangs in etwa 1.230 Metern Höhe knapp unterhalb der Alm ein Schneebrett löste. Die 20-Jährige folgte dem ersten Fahrer in einem Abstand von 50 bis 60 Metern; dabei musste sich dann das Schneebrett gelöst haben, das die junge Frau erfasste und komplett verschüttete; der Vorausfahrende wurde nur zum Teil verschüttet und konnte sich selbst befreien. Die fünf Begleiter der jungen Frau suchten sofort mit Lawinen-Verschütteten-Suchgeräten (LVS), wobei sich später bei den polizeilichen Ermittlungen herausstellte, dass das LVS-Gerät der Verunglückten ausgeschalten war, nicht sendete und sie sie letztlich nicht zeitnah finden konnten.

Die Gruppe setzte gegen 16.15 Uhr auch einen Notruf ab, wobei die Leitstelle Traunstein und die Polizeieinsatzzentrale Rosenheim sofort ein Großaufgebot an Einsatzkräften alarmierten, darunter die Alpine Einsatzgruppe der Polizei (AEG), die Bergwachten Bad Reichenhall, Berchtesgaden, Freilassing und Teisendorf-Anger, die Such- und Lawinenhundestaffel der Bergwacht-Region Chiemgau, die Chiemgauer Bergwacht-Notärzte, das Team des bei der Bergwacht Traunstein stationierten Technikbusses und die die bei der Bergwacht Schleching stationierte Koordinierungsgruppe für große Schadenslagen.

Die Bergwachten Bad Reichenhall und Teisendorf-Anger waren gerade von einem Rettungseinsatz für eine verletzte Skitourengeherin zurückgekehrt und rückten sofort wieder über die Kohlhäuslstraße zum Teisenberg aus, wobei die Retter soweit wie möglich mit Motorschlitten und All-Terrain-Vehicles (ATV) fuhren und dann weiter bei einsetzender Dunkelheit mit Tourenskiern und Notfallausrüstung aufstiegen; der viele Schnee und die durch den Nebel bedingt schlechte Sicht erschwerten die Orientierung und zehrten an den Kräften. Weitere Einheiten rückten nach, darunter auch die Bergwacht Berchtesgaden. Insgesamt waren fünf Suchhundeteams, zwei Bergwacht-Notärzte und vier Überschneefahrzeuge im Einsatz. Ein Traktorfahrer unterstützte die Retter und räumte die Forststraße und die Kohlhäuslstraße mit seinem Schneepflug während des gesamten Einsatzes so weit wie möglich frei.

Die Besatzung des zu Beginn alarmierten Salzburger Notarzthubschraubers „Christophorus 6“ hatte wegen Schneefall und Nebel keine Chance die Einsatzstelle anzufliegen. Als der erste Reichenhaller Hundeführer an der Lawine eintraf, zeigte sein Hund die Verschüttete sofort an. Die Einsatzkräfte konnten sie sondieren und rasch ausgraben, versuchten sie noch wiederzubeleben, hatten aber letztlich aufgrund der langen Verschüttungsdauer keine Chance. Die Retter brachten die betroffenen Begleiter zum Kohlhäuslparkplatz, wo sie der KID übernahm und im Fahrzeug und dann im Tal weiter betreute. Polizeibergführer nahmen den Unfall auf; die Bergwacht brachte die Verstorbene dann gegen 20 Uhr ins Tal. Durch die Schneelast umstürzende Bäume gefährdeten die Einsatzkräfte zusätzlich.

Die Bergwacht hatte im Angerer Feuerwehrhaus eine zentrale Einsatzleitung eingerichtet und koordinierte von dort aus mehrere Einsatzabschnitte, darunter die Rettungsteams im Aufstieg und bei der Abfahrt, ein Bereitstellungsraum für die vielen Fahrzeuge, eine Schleuse mit Registrierung und Sicherheitscheck am Ende des befahrbaren Teils der Kohlhäuslstraße, eine Verpflegungsstelle für die Einsatzkräfte und der Schadensraum auf der Lawine. Insgesamt waren 72 Männer und Frauen im Einsatz, davon zwölf an der Einsatzstelle direkt auf der Lawine. Ein Polizeibergführer wird die Umstände der Lawinenauslösung und des Schneebrettabgangs noch genauer untersuchen.


Bergwacht-Lawinenhund Enzo zeigte die Verschüttete innerhalb weniger Sekunden sofort an; Hundeführer Jörg Riechelmann konnte sie sondieren und dann sehr rasch mit seinen Kameraden ausgraben (Archivbilder von Enzo):