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51-jähriger Einheimischer setzt wegen gesundheitlicher Probleme in 1.850 Metern Höhe am Kleinen Weitschartenweg einen Notruf ab

SCHNEIZLREUTH/JETTENBERGER FORST – Am Donnerstagvormittag waren die Reichenhaller Bergwacht und die Besatzung des Traunsteiner Rettungshubschraubers „Christoph 14“ schon wieder gefordert – diesmal auf der Reiter Alpe: Ein 51-jähriger Skitourengeher hatte in 1.850 Metern Höhe am Kleinen Weitschartenkopf westlich des Sommerwegs zwischen Schrecksattel und Neuer Traunsteiner Hütte plötzlich akute gesundheitliche Probleme bekommen und das große Glück, dass er am Hochplateau überhaupt Handyempfang hatte und gegen 10.20 Uhr einen Notruf absetzen konnte.

„Christoph 14“ musste erst einige Minuten lang nach dem Alleingeher suchen, der seine Position zunächst östlich des Sommerwegs angegeben hatte. Die Besatzung konnte dann etwa 30 Meter oberhalb landen und den Mann notärztlich versorgen. Die Einsatzkräfte führten den 51-Jährigen anschließend zum Heli und flogen ihn zum Klinikum Traunstein. Der Einsatz dauerte eine gute Stunde.

Freizeitverhalten gefährdet kritische Infrastruktur
Nach einer wochenlangen Einsatzpause war die Bergwacht Bad Reichenhall seit Freitagabend innerhalb weniger Tage bei mittlerweile vier aufwendigeren Einsätzen gefordert, was unter anderem daran liegt, dass trotz der staatlichen COVID-19-Maßnahmen auch unter der Woche sehr viele Menschen nicht wie empfohlen zu Hause bleiben und einfach nur alleine spazieren oder laufen gehen, sondern zahlreich im Gebirge unterwegs sind. Für die Einsatz-Organisationen ist das aufgrund des anhaltend schönen Wetters zwar nachvollziehbar, aber nicht unproblematisch, da durch die im unwegsamen Gelände fast immer sehr aufwendigen Rettungsaktionen auch unter der Woche vermehrt ehrenamtliches Personal und Einsatzmittel gebunden werden. Die Einsatzkräfte müssen wegen der Notfälle von ihrem Arbeitsplatz weg, der bei den meisten durch die Krise ohnehin schon wesentlich stressiger und belastender ist als im Normalfall - vor allem im Gesundheitswesen. Darüber hinaus setzen sich die Retter in der Gruppe einem ansonsten vermeidbaren Ansteckungsrisiko aus, was langfristig die kritische Infrastruktur gefährdet, da bei solchen Einsätzen alle über längere Zeit Hand in Hand zusammenarbeiten, und wegen eines Infizierten im Schlimmsten Fall eine komplette Bereitschaft für viele Tage in Quarantäne gehen muss.

Die Alpenvereine empfehlen ihren Mitgliedern, aufgrund der Situation nicht in die Berge zu gehen, und auch die Hütten haben geschlossen. „Wenn wesentlich mehr Menschen unterwegs sind, passiert tendenziell auch mehr. Die Bergsteiger müssen aber unbedingt bedenken, dass sie bei einem Notfall Kapazitäten binden und Engpässe im Rettungsdienst und in den Kliniken verschärfen, mithin auch tendenziell dazu beitragen, aktuell das Gesundheitssystem zu überfordern. Bewegung an der frischen Luft ist gesund, allerdings sollte jeder derzeit solidarisch Rücksicht auf die äußerst angespannte gesamtgesellschaftliche Situation nehmen“, gibt Bergwacht-Regionalleiter Dr. Klaus Burger zu bedenken.

Erst am Dienstag setzte eine siebenköpfige Gruppe einen Notruf ab: Die Leute hatten sich auf der Zwiesel-Nordseite rund 100 Höhenmeter unterhalb des Gipfels im Altschnee verstiegen und waren blockiert. Um eine zügige Rettung noch vor Einsetzen der Dunkelheit umsetzen zu können, forderte der Einsatzleiter der zuständigen Bergwacht Inzell ebenfalls „Christoph 14“ an. Die Besatzung brachte zwei Luftretter vom Landesplatz an der Bergrettungswache am Rettungstau zur Einsatzstelle. Im Anschluss flogen die Retter die sieben Bergsteiger am Tau in vier Flügen zum Zwischenlandeplatz nach Adlgass aus.